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400.000 Wohnungen im Jahr - reicht nicht!

Die Bundesregierung will den Wohnungsmangel in Deutschland durch den Neubau von jährlich 400.000 Wohnungen bekämpfen – warum gelingt ihr das nicht?

Jährliche Ersatzbeschaffung.
In Deutschland leben derzeit rund 83.000.000 Menschen. In einer Wohnung leben im Durchschnitt zwei Personen; daraus folgt, wir müssten ungefähr (83.000.000/2=) 41.000.000 Wohnungen haben. Die Zeiten, als man Häuser und damit Wohnungen für (mindestens) hundert Jahre baute, sind längst vorüber, selbst die Steuer erkennt eine Abschreibung von zwei Prozent bei Wohnungsneubauten und damit eine Standzeit von fünfzig Jahren an. Daraus folgt, wir müssen jährlich (41.000.000/50=) 820.000 neue Wohnungen bauen, um nur den Bestand zu erhalten. - Das ausgegebene Ziel der Bundesregierung ist also nicht einmal die Hälfte von dem, was jährlich als Ersatzneubau gebraucht wird.
Etwas Statistik.
Das (etwas ältere) Statistische Jahrbuch 2003 gibt in der Tabelle „Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen“ für 2001 diese Zahlen an (die Auswertung der vor drei Monaten neuen Erhebung der Daten wird in zwei Jahren vorliegen – Sie dürfen die Daten dann aktualisieren):
Wohnungen: 37.921.153 mit eine Wohnfläche von 3.213.971.000 m^2;
davon Gebäude mit einer Wohnung: 10.533.779 mit 1.251.810.000 m^2 Wohnfläche;
und Gebäude mit zwei Wohnungen: 3.437.440 mit 604.400.000 m^2 Wohnfläche.
Bei den Gebäuden mit nur einer Wohnung handelt sich offensichtlich um die Einfamilienhäuser, sie machen ((10.533.779/37.921.153)*100=) 27,8 Prozent des Gesamtbestandes an Wohnungen aus mit einer mittleren Wohnfläche von ( 1.251.810.000/10.533.779=) 118,8 m^2.
Bei den Gebäuden mit zwei Wohnungen dürfte es sich um Doppelhäuser sowie Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnung handeln; deren Anteil am Gesamtbestand ist (3.437.440/ 37.921.153=) 9,1 Prozent mit einer mittleren Wohnfläche von ((604.400.000/2)/3.437.440=) 87,9 m^2.
Die mittlere Größe über alle Wohnungen ist (3.213.971.000/37.921.153=) 84,8 m^2.
Baukosten, Baufinanzierung.
Nach einer alten Regel im Wohnungsbau sind die Kosten für das Grundstück 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten.
Nach einer alten Regel für eine solide Finanzierung im Wohnungsbau, muss der Bauherr mindestens 20 Prozent der geplanten Gesamtkosten als Eigenkapital haben.
Beide Grundregeln zusammen genommen ergeben die Regel: Du musst das Grundstück als bezahltes Eigentum haben, dann kannst du anfangen.
Mindestens seit dem Ende des Ersten Weltkriegs gibt es eine staatliche Wohnungsbauförderung und die funktioniert bisher stets nach dem gleichen Muster: Wie du zum Grundstück und der Finanzierung kommst, ist dein Problem, aber als Staat (Land, Gemeinde, Kommune) gebe ich dir dann noch ein paar tausender dazu und verlange dafür von dir, dass du mindestens für einige Jahre Sozialwohnungen anbietest. Wie gesagt, so funktioniert das Fördersystem seit hundert Jahren – oder eben, es funktioniert nicht. Aber es geht besser!
Grundstück, Erbbaurecht.
Die Gemeinde beschafft, wie bisher, ein Grundstück als Bauland und gibt es dem Bauherrn zur Bebauung, aber, und darauf kommt es an, die Gemeinde bleibt alleiniger Grundstückseigentümer. Das Problem ist nur, diese einfache Konstruktion lässt unser Rechtssystem nicht zu.
Wir gehen um etliche hundert Jahre zurück in die Geschichte, da gab es den König, Fürst, Häuptling oder was immer und der war der alleinige Grundeigentümer, der nun mehr oder minder große Grundstücksteile an seine Untergebenen zur Bewirtschaftung auf Zeit abgab, und diese Untergebenen mussten dem Grundeigentümer als Gegenleistung etwas zahlen oder geben, zum Beispiel Dienstleistungen. Das war das gute Lehn; diese Konstruktion: ein Grundeigentümer vergibt Grundstücksteile zur Bewirtschaftung auf Zeit gegen Entgelt, hat sich in unsere moderne Zeit fortgeschrieben. Zuerst stand es im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vom 18.08.1896 in den Paragrafen 1012 bis 1017 bis 22.01.2019; danach im eigenen Gesetz, dem Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG); www.gesetze-im-internet.de → Gesetze und Verordnungen → E→ ErbbauRG.
Das Erbbaurecht kennt zunächst den Grundstückseigentümer (zum Beispiel: die Gemeinde); auf dem zugehörigem Grundbuchblatt steht als einziger Eintrag die Begründung des Erbbaurechts, dieses Erbbaurecht bekommt ein eigenes Grundbuchblatt mit dem Erbbauberechtigtem als Eigentümer (Berechtigten); das Erbbaurecht ist vererblich, verkäuflich, mit Krediten (Grundschulden, Hypotheken) belastbar. Der Erbbauberechtigte zahlt für die Nutzung des Grundstücks einen jährlichen „Erbbauzins“ an den Grundeigentümer. Das Erbbaurecht ist zeitlich begrenzt, am zeitlichen Ende, dem „Heimfall“, bekommt der Erbbauberechtigte vom Grundeigentümer für das Bauwerk eine (vorab bestimmte, auszuhandelnde) Entschädigung. Nach dem Heimfall kann der Grundeigentümer für das gleiche Grundstück erneut ein Erbbaurecht begründen und vergeben.
Im Verhältnis zur Amtszeit des Bürgermeisters besteht die Gemeinde „ewig“, über Jahrhunderte, Jahrtausende; man muss also lernen, für die Gemeinde auch in diesen Zeiträumen zu denken und zu handeln. Das Erbbaurecht, richtig angewendet, verschafft der Gemeinde ewige, konjunkturunabhängige Einnahmen, es verhindert weitgehend die Grundstücksspekulation, es bietet die Möglichkeit besonders förderungswürdigen Bauvorhaben (z.B. Sozialwohnungen) Grundstücke nahezu kostenlos anzubieten.
Wenn also die gegenwärtige Bundesregierung den Wohnungsbau, insbesondere von Sozialwohnungen, fördern will, dann braucht sie nur die Gemeinde zu lehren, das bestehende Erbbaurecht richtig einzusetzen.
28.08.2022
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

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