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Alte Bücher neu gelesen: Fucks - Formeln zur Macht

Irgendwann ist es an der Zeit, im Regal nach den alten Büchern zu greifen um zu sehen, was sie heute noch aussagen. Ich habe mir angesichts der aktuellen Weltwirtschaft das Buch von 1965 vom Wilhelm Fucks: "Formeln zur Macht - Prognosen über Völker Wirtschaft, Potentiale" gegriffen.
Im Zeit Archiv ist die Besprechung von Ekkehard Krippendorf aus dem Jahr 1965.

"Wir alle wissen, so stellt Fucks fest, daß sich neben der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten China als dritte Weltmacht in den Vordergrund schiebt und dass andere, bisher weniger entwickelte Völker Machtstellungen aufbauen, die das Kräfteverhältnis während der letzten fünfzig Jahre grundlegend verändert haben und weiterhin verändern werden."
Ich habe die Taschenbuch Ausgabe 1967 gelesen und anscheinend recht intensiv, denn vieles ist mit Lineal unterstrichen und gelegentlich kommentiert. Als junger Naturwissenschaftler imponierte es mir damals, dass sich ein Physiker an Aussagen zu Krieg und Frieden traute.
Es war die Zeit der atomaren Aufrüstung und niemand glaubte daran, dass der Kapitalismus die Sowjetunion friedlich besiegen könnte. Es ist trotzdem eingetreten, was Wilhelm Fucks damals für die wirtschaftliche Entwicklung der Großmächte berechnete.
NEU hinzu gekommen ist lediglich der inzwischen etwas wacklig gewordenen Atomwaffen Sperrvertrag, die doch nicht unerhebliche Einigung der Westeuropäer und der wirtschaftliche Aufstieg Brasiliens.
Ich lasse Fucks aus seiner Einleitung selber zu WORT KOMMEN:
Die Macht eines Staates wird bestimmt durch menschliche und sachliche Faktoren. Die zentrale Rolle unter allen Größen, auf denen die Macht eines Volkes beruht, spielt das Volk selbst, die Bevölkerung in ihrer Aufgliederung Geschlecht, Alter, Beruf, nach ihrem Ausbildungsstand in allen Bereichen ihrer Tätigkeit, nach ihren physischen, charakterlichen und intellektuellen Merkmalen, mit einem Wort - ihre Größe und ihre Eigenschaften. Bei unseren Schlussfolgerungen werden wir meist Völker vergleichen, deren Eigenschaften einigermaßen gleichartig sind. Der wichtigste Unterschied wird ihre Größe sein. Die Tatsache, dass die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Nordamerika rund viermal so viel Menschen zählen wie England, Frankreich oder Deutschland, dass China etwa fünfzehnmal so viel Menschen hat wie diese Länder, stellt ein Faktum dar, das von nichts anderem in seiner Bedeutung übertroffen wird. Wir werden daher besonderen Wert auf Methoden legen, die uns verlässliche Zahlen für die Entwicklung der Bevölkerung einer Reihe von Ländern liefern können. Diese Zahlen wollen wir für zwei oder drei Generationen errechnen, das heißt bis etwa zur Mitte des kommenden Jahrhunderts. Eines unserer Hauptanliegen ist zu zeigen, dass solche Berechnungen sinnvoll angestellt werden können. Wir kommen von den menschlichen zu den Sachfaktoren. Zu dem Bereich der Sachen gehören vor allem das Territorium eines Volkes, also die Größe des Landes, seine Lage und Oberflächenbeschaffenheit, seine Eignung für Landwirtschaft und Industrie, das Ausmaß der bewohnbaren oder landwirtschaftlich oder auch für Siedlungen verwendbaren Fläche, die Boden- schätze, das Klima, natürliche Verbindungswege und Grenzen. Unsere Untersuchung ist auf diese Sachverhalte, wenigstens im Hinblick auf Raum In der jüngsten Vergangenheit ist uns zunehmend bewusst geworden, dass ein Abschnitt der Geschichte nach dem letzten Weltkrieg zu Ende ging und ein zweiter begonnen hat. In dieser neuen Phase verschieben sich die Macht- der maßgeblichen Völker der Erde. Neben den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion wächst China zur dritten Weltmacht heran, andere bisher weniger entwickelte Völker bauen wirtschaftliche und politische Machtstellungen auf und treten in den Kreis der in der Welt mitbestimmenden Nationen etreten. So ändern sich die Grundlagen der weiteren Entwicklung. All dies ist mehr oder minder allgemein bekannt. Nicht bekannt dagegen sind die Antworten auf die folgenden beiden Fragen: Erstens, wie schnell tritt die Machtverschiebung auf der Erde ein? Und zweitens, wie groß werden die Änderungen sein? Dies sind jetzt die entscheidenden Fragen. Zum Beispiel: Wann wird China die Macht der Sowjetunion erreichen? Wann die Macht der Vereinigten Staaten? Wird China deren Macht übertreffen? 'Lind wenn übertreffen, wann und um wie viel? Welche Rolle werden Indien und Japan spielen? Wie viel Einfluss wird Deutschland, Frankreich, Großbritannien verbleiben? Diesen und ähnlichen Fragen galt eine Untersuchung, über die im vorliegenden Buch berichtet wird. Die Antworten führten schließlich zu einer Tabelle, oder wenn man so will, zu einer Rangliste der Macht von rund dreißig Staaten zunächst einmal für die heutige Zeit. Diese Tabelle wurde für die großen und größeren Völker der Erde in die Zukunft hinein fort- entwickelt, und zwar für eine Zeitspanne von fünfundsiebzig Jahren. Das ist eine Zeit, deren Ende heute Geborene erleben können. Macht ist bestimmt durch Menschen und Sachen. So stützt sich die Untersuchung als erstes auf eine Berechnung der Bevölkerungszahlen. Eine Methode hierfür wurde bereits nach den1 Kriege entwickelt und zur Vorausberechnung der Weltbevölkerung verwendet. Es ergab sich ein Anstieg der Weltbevölkerung auf acht Milliarden in verhältnismäßig kurzer Zeit. Gleichzeitig wurde eine erste Bestimmung der Gesamtzahl der Menschen veröffentlicht, die bis dahin gelebt hatten. Wie man dies herausfinden kann und welche Zahl sich ergibt, wird im folgenden mitgeteilt. Der errechnete Verlauf der Weltbevölkerung fand seinerzeit allgemein keine Zustimmung; meist, weil man sich eine Weltbevölkerung von acht Milliarden ,,einfach nicht vorstellen" konnte. Soweit sich der Verlauf bis heute prüfen lässt, haben sich die errechneten Werte bestätigt. Die Methode wurde letzthin weiterentwickelt und auf zahlreiche Völker im einzelnen angewandt. Dabei ergab sich die Hypothese eines zahlenmäßig präzisierten Verhaltensmusters, das die bevölkerungsdynamische Reaktion der Menschen auf den Prozess der Industrialisierung beschreibt. Es scheint für Völker aller Rassen und aller politischen Systeme zu gelten. Zweitens stützt sich die Bestimmung der Macht auf einen großen und verwickelten Komplex von Sachfaktoren. Aus diesen werden Produktion und Verbrauch von Energie und Stahl als besonders charakteristisch heraus gegriffen. Auch für die Verknüpfung der zukünftigen Produktionen mit denen der Vergangenheit wurden neue Methoden entwickelt und auf die Bestimmung der Produktionen einer Reihe großer und größerer Länder angewandt. Gestützt auf diese Ergebnisse wurde dann untersucht, wie aus Bevölkerungszahl, Energie- und Stahlproduktion die Macht eines Staates ausgerechnet werden kann. Was man auf diese Weise bestimmt, betrifft zunächst, streng genommen, nicht mehr und nicht weniger als einen wichtigen Ausschnitt aus der wirtschaftlichen Macht. Unter welchen Voraussetzungen dieser Ausschnitt für die gesamte Wirtschaftsmacht und schließlich auch für die politische Macht kennzeichnend ist, wird erläutert werden. Für verschiedene mögliche Verbindungen von Völkern werden die Zeitabschnitte errechnet, in denen potentiell gegnerische Machtgruppen gleich stark sein werden. So erhält man Zeitabschnitte, in denen der Friede in erhöhtem Maße gefährdet ist. Daraus folgen die Fragen, ob der Krieg ein unabänderliches Schicksal der Menschheit ist oder ob er vermieden werden kann, ob es ernst zunehmende Möglichkeiten gibt, die Auslöschung der am meisten gefährdeten Völker abzuwenden und ob insbesondere eine hochentwickelte technische Zivilisation grundsätzlich friedlich stabilisierbar ist."

Für Stahl gibt es heute Substitutionsprodukte, so dass die Stahlproduktion heute wohl nicht mehr als entscheidender Vergleichsfaktor herangezogen würde, aber die Energiefragen haben dafür, wie wir täglich noch sehen, an Bedeutung gewonnen. Energie ist ein "nicht austauschbares" Gut ähnlich wie Nahrungsversorgung. Die energiehungrigen Nationen wie China, Indien und Brasilien werden uns zeigen, was das bedeutet und Preise werden dafür drastisch steigen. Die Aussagen vom Club of Rome, die später als Fucks veröffentlicht wurden, sind da meiner Meinung nach noch gültig.

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3 Kommentare

Das war mutig und ziemlich realistisch von Herrn Fucks. Liest sich aber bestimmt "sehr trocken" analytisch? Danke für den Tipp.

Das sage ich seit Jahren.
China hat das Menschenmaterial, die Russen die Rohstoffe.
Wenn beide wollten, wären die Weltmachtkräfte ziemlich schnell verschoben.

Vielen Dank für die Kommentare. Das erinnert mich daran, dass Helmut Schmidt das gleiche Thema sehr viel später (2004) umgangssprachlich und eingänglicher dargestellt hat. Ich werde den "Fucks" im Regal daneben stellen. Sein Buch ist bei Amazon für 7.- incl. Porto erhältlich. Erhard Eppler hatte dazu 2004 eine Besprechung geschrieben. http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,320357...

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