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Müller besucht Lehmbruck

Die Ausstellung "Einfach. Eigen. Einzig": Otto Mueller Wegbereiter der "Künstlergruppe Brücke" und deren "selbstverständliches Mitglied" ist vom 16. November 2012 bis zum 24. Februar 2013 im Wilhelm-Lehmbruck-Museum in Duisburg zu sehen. Rund 140 Exponate bekommt der Besucher der Ausstellung zu sehen; die meisten davon stammen aus privaten Sammlungen.

Ein Raum bietet einen Einblick in die umfangreiche graphische Arbeit Müllers. Ein zweiter setzt ihn in Beziehung zu dem Duisburger Künstler Wilhelm Lehmbruck. "Es gibt kaum Unterschiede zwischen Lehmbruck und Müller, sie sind praktisch wie Zwillinge. Ihre Bedeutung für den Expressionismus des 20. Jahrhunderts," berichtet Dr. Hans-Dieter Mück, Kurator der Ausstellung und Leiter der Otto-Müller-Gesellschaft Weimar.

Eine gute Neuigkeit kann hier auch schon vermeldet werden. Das Duisburger Museum hat einige Werke von Müller inzwischen schon geschenkt bekommen. "Meine Vision ist, daß das Lehmbruck-Museum ein Zentrum für die Kunst des Otto Müller wird und so den Expressionismus des 20. Jahrhundert stärker in seinen Fokus nimmt," gibt Dr. Gottlieb Leinz, ehemaliger Stellvertretender Direktor des Museums, seinem ehemaliger Arbeitgeber mit auf dem Weg. Dem Vernehmen nach wird er zum Ende des Jahres nun endgültig aus dem Museum ausscheiden. In den Essener Süden ist er bereits verzogen. Dann möchte er auch alle bisherigen Wurzeln nach Duisburg kappen und "einen ruhigen Lebensabend verbringen," wie er selbst betont.

"Mueller gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Expressionismus, und um nachzuvollziehen, welch immensen künstlerischen Einfluss Otto Mueller zeitlebens hat, genügt ein Blick auf das Jahr 1910 - genauer: auf die Begründung für die Aufforderung seiner deutlich jüngeren Kollegen, sich der "Brücke" anzuschließen. Auslöser ist die bereits um 1903 gemalte, lebensgroße Darstellung der mordenden "Maschka als Lucretia". Kein Geringerer als Ernst-Ludwig Kirchner bezeichnet sie in der "Brücke"-Chronik von 1913 als "Cranachsche Venus", die - mit Max Pechsteins Amazone, dem Signet der "Neuen Sezession" in Berlin - Ausdruck und "Kampfbild" einer offensiven und gegen den Konservativismus und das Establishment gerichteten Kunst ist. Diese Lucretia ist nicht nur Muellers Eintrittskarte zur Brücke, sie ist auch die Initialzündung für Kirchners Beschäftigung mit Cranach und dem Venus-Motiv.

Muellers Eintritt in die 1905 gegründete "Brücke" ist für ihn jedoch nicht nur Glücksgriff und Beginn eines regen und wichtigen Austauschs, sie führt auch zu einer lange anhaltenden eindimensionalen Sicht auf den Maler und Lithographen: "'Brücke'-Maler" und "Zigeuner-Mueller" - mit diesen beiden Etiketten wird der 1874 im schlesischen Liebau geborene Mueller über Jahrzehnte abgestempelt und damit die Einzigartigkeit seines Œuvres verkannt. Als Beleg dafür dienen etwa die gerade einmal drei großen Retrospektiven, die Muellers Werk 1931 in Breslau und Berlin, 1957 in Hannover, Bremen, Hagen und Duisburg sowie 2003 in München in den Fokus rücken.

Mit "Einfach. Eigen. Einzig" folgt diesen Rückschauen nun einer der bislang umfassendsten Einblicke in Werk und Leben eines der wichtigsten Künstler des deutschen Expressionismus. Nach Stationen in den Kunstsammlungen Zwickau und der Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn ist die Ausstellung vom 16. November 2012 bis 24. Februar 2013 im Duisburger LehmbruckMuseum in nochmals erweiterter Form zu sehen.

Obwohl einige seiner Werke postum auf der documenta 1 (1955) in Kassel gezeigt werden, ist eine angemessene Rezeption Otto Muellers bis heute verhindert worden. Die 2010 gegründete "Otto Mueller-Gesellschaft" in Weimar, die in ihrem ersten "Jahrbuch" zum 80. Todestag des Künstlers 2010 mit manchen Fehleinschätzungen aufgeräumt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse publiziert hat, realisiert diese Ausstellung daher auch, um in komprimierter Form zu zeigen, was nach neuesten kunsthistorischen Erkenntnissen über Mueller und sein Werk bekannt und nachweisbar ist. Mit 140 Werken aus öffentlichem und privatem Besitz - darunter acht aus dem Bestand des LehmbruckMuseums - sowie Archivalien, Dokumenten und Fotografien beleuchtet sie dabei die gesamte Schaffenszeit Muellers von 1902 bis 1929," berichtet Florian Blaschke, der Pressesprecher des Museums.

Wie am Rande zu erfahren ist, bedurfte es viel Überzeugungsarbeit, um Raimund Stecker, den Direktor des Museums, davon zu überzeugen, eine solche Ausstellung bei uns in Duisburg durchzuführen. Gottlieb Leinz mußte wohl mehrfach bei ihm vorsprechen und ihn darauf hinweisen, daß das Museum nicht nur eine tolle Ausstellung präsentieren kann, sondern auch einen Zuwachs bei der Sammlung vorweisen kann, wenn es diese Kunstpräsentation zeigt.

Interessant an der Ausstellung ist das Bild "Paar am Tisch (Doppelbildnis mit Maschka Müller)". Es stammt aus dem Jahre 1924. Die Besonderheit daran: Es zeigt auch auf der Rückseite ein Bild. Dieses rückseitige Bild war, da es wohl von einem Restaurator abgedeckt worden war, über lange Zeit vergessen. Es wurde erst im Rahmen der Duisburger Ausstellung wiederentdeckt.

An dieser Stelle seien noch ein paar Worte zu Otto Müller gesagt.

Otto Mueller wurde am 16. Okrober 1874 in Liebau / Schlesien als Sohn eines Leutnants und späteren Steuerberaters im damals preußischen Schlesien geboren. Seine Jugendjahre verbrachte er in Görlitz. Das Gymnasium mußte er ohne Abschluß verlassen.

Von 1890 bis 1894 absolvierte er auf Wunsch seines Vaters eine Lithografenlehre. Daran schloß sich bis 1896 ein Studium an der Kunstakademie von Dresden an, für das er eine Sondergenehmigung erhalten hatte, wo es jedoch bald zu Differenzen mit seinem Lehrer Georg Hermann Freye kam, da er dessen Korrekturen nicht dulden wollte.

Ab 1898 setzte er seine Studien an der Akademie in München fort, konnte sie jedoch 1899 nicht fortführen, da ihm der Leiter der Akademie, Franz von Stuck die Genehmigung versagte.

1905 heiratete er Maria („Maschka“) Mayerhofer (oder Meyerhofer), die ihm oft Modell stand und die seine Vertraute auch nach der Trennung und zwei weiteren von Mueller geschlossenen Ehen blieb.

1908 zog er nach Berlin. Sein Vorbild wurden Plastiken von Wilhelm Lehmbruck, mit dem ihn eine Freundschaft verband. Ab 1910 gehörte er der Künstlergruppe Die Brücke an.

1915 wurde er zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen und nahm als Soldat in der Infanterie an Kämpfen in Frankreich und Russland teil. 1917 zog er sich eine Lungenentzündung zu, die ihn fast das Leben gekostet hätte.

Seit 1919 war er Professor an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau. Nach umfangreicher künstlerischer Tätigkeit starb Müller am 24. September 1930 in Obernigk bei Breslau.

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