Kolumne: Kloster Saarn
Kloster Saarn ist eine ehemalige Zisterzienserinnen-Abtei in Mülheim an der Ruhr. Seine Anfänge liegen im Dunkel des beginnenden 13. Jahrhunderts. Seit der Säkularisation / Verweltlichung 1808 wird es weltlich und kulturell genutzt.
Herr Bibliothekar?
Ja, meine Dame? Wie kann ich Ihnen helfen? Möchten Sie einen Nutzerausweis haben?
Wenn schon, dann einen Nutzerinnenausweis. Ich bin ja schließlich eine Frau.
Oh, Entschuldigung.,,
... aber seien wir nicht so pingelig. Ich wollte nur zu Gehör bringen, daß diese Ihre Bücherei unter allem weiblichen Schwein ist.
Warum tun Sie diese Meinung kund?
Werfen Sie doch mal einen Blick auf den Buchbestand. Viel weltlicher Schund. Kaum anspruchsvolle theologisch-katholische kirchlIch Literatur. Konfessionskunde? Kirchenkunst? Kirchbauten? Sakrale Musik? Alles nicht vorhanden. Das Böse lauert immer und überall - stärken Sie Gottes Truppen in ihrem geistlichen Kampf dagegen.
Ich soll was gegen Landeskirchler, Methodisten, Pfingstler unternehmen?
Unhold! Bösling! Widerwärtiger Nichtsnutz! Beschimpfenswerter! Unwissensdes Gesäß!
Meine Dame: Warum werfen Sie mir all´ diese Worte an den Kopf? Wollen Sie mich beleidigen?
Nein. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nur auf die vielen Konfessionslosen und Ungläubigen vor Ort in Mülheim / Ruhr lenken. Bemühen Sie sich, diese verlorengegangenen Schafen Gottes wieder heim ins Reich Gottes zu holen.
Ich würde ja gerne Ihren Wünschen Folge leisten, auch leisten können. Leider sorgen unehrenhafte Beutelschneider immer wieder dafür, daß unsere Geldbörse Ebbe aufweist.
Oh, dann habe ich eine Lebensaufgabe gefunden. Wir treten hier in Konkurrenz zur evangelischen Hochschul- und Landeskirchenbibliothek in Wuppertal. Wir bauen hier den größten Fundus geistlicher Literatur auf.
Seit diesen Tagen kann die Post nicht über Arbeitsmangel klagen. "Unmengen an Büchersendungen sind angekommen," klagt Bruder Engelbert, der Bibliothekar und Bücherwurm. "VIeles konnten wir gebrauchen. Unsere Mülheimer Müllabfuhr, insbesondere die für Papier, klagt aber regelmäßig über die Unmengen an Altpapier, die bei uns anfallen. Die Herren brauchen wohl immer einen ganzen Wagen für all´ die Briefumschläge und unbrauchbaren Bücher, die uns aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland erreichen. Nur gut, daß wir auf diese Art und Weise Bethel, also die von Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld, mit Briefmarken unterstützen können.
Unangenehme Begleiterscheinung der Büchersammelaktion: Es gibt eine bislang noch nie dagewesene Einbruchsserie in Mülheimer Buchhandlungen. Die Diebe steigen immer in der Nacht von Samstag auf Sonntag ein und bemächtigen sich gezielt religiöser Literatur. Ob diese Sammelwut mit der wachsenden Bücherei des Kloster Saarns zusammenhängt? "Wir haben da schon eine heiße Spur," berichtet Polizeipräsident Jörnsen-Jörgensen. "Aus ermittlungstechnischen Gründen werde ich aber erst später darüber berichten..."