Kolumne: Brunnenbauer
Der Brunnenbauer ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Wie der Name schon sagt, stellt er Brunnen her. Das reicht vom Erdaushub über das Installieren der Wasserfördertechnik bis hin zum Einbau dekorativer Elemente.
Duisburg hat seine Brunnenmeile, Sie liegt in der Fußgängerzone in der Innenstadt. Der Pleitegeier von Nike de St. Phalle ist dabei ein echter Hingucker.
"Unsere Innenstadt ist viel zu öde," behauptet Dinslaken von sich selbst. "Wir wollen auch eine Brunnenmeile, viel schöner als die in unserer südlichen Nachbarstadt."
Was also tun? Genau: Bernward Schnösel-Süttenwald ist Professor für Stadtdesign und Stadtkunst, ein Top-Star in seinem Fach. "Er soll zusammen mit Künstlern von der städtischen Kunstakademie ein Konzept entwickeln, wie die Brunnenkunstmeile Dinslaken-Mitte - so der Arbeitstitel - aussehen soll," ist vom Stadtplanungsamt zu hören.
(Gedanken eines Unternehmers)
Moment mal! Es geht hier bestimmt nicht um Kunst und Stadtverschönerung. Mal sehen, ob ich da etwas machen kann. Ich werde mal sehen, ob ein paar Kollegen von mir buddeln können, und Ahnung von Spaten, Hämmern, Schubkarren, Bohrern und Elektronik haben. Die werde ich dann als Tiefbaufachleute und Brunnenbauer einstellen, sobald ich mein Gewerbe als Brunnenbauer angemeldet habe.
(in der städtischen Gewerbeanmeldestelle)
Komischer Typ, der da eben ein Gewebe angemeldet hat. Will auf Brunnenbauer machen, ist aber nicht vom Fach. Ob der wohl einen Gesellen hat, der Brunnenbauer ist? Keine Ahnung. Ich werde mal unsere Gewerbeaufsicht aktivieren und zu ihm schicken.
(ein Zeitungsartikel)
Irgendetwas ist faul im Staate Dänemark. Nein, um genau zu sein: in der Stadt Dinslaken. In der innerstädtischen Fußgängerzone wird nicht nur eine Brunnenmeile gebaut. In vielen Gärten wird gebuddelt. Unternehmen weisen vor ihren Türen Baustellen und Erdlöcher auf. Und ansonsten häßliche Freiflächen werden gerade verschönert.
Woher kommt diese plötzliche Bauwut? So fragt sich mancher Zeitgenosse. "Für uns steckt eine etwas dubiose Brunnenbau-Firma dahinter," ist von der städtischen Wirtschaftsförderung zu hören "`Onkel Dagobert und die Panzerknacker´ heißt sie. Firmeninhaber ist ein gewisser Dagobert Nepomuk Dackelmann. Formal kann er Aufträge für seine Arbeiten vorweisen. Notwendig sind viele nicht."
Mysteriöse Einbruchserie. Beraubt wurden Banken, Juweliere, Hotels und Häuser. Überall wurden Kanaltunnel gefunden. Steckt Onkel Dagobert dahinter? Wir warten auf die Antwort von Polizei und Gewerbeaufsicht.
(Pressemitteilung der Polizei)
Unter den Gebäuden, die von der Einbruchsserie betroffen sind, wurden zahlreiche Tunnel und Stollen gefunden. Das System ist dermaßen unübersichtlich, daß nur schwer herauszufinden ist, wo es beginnt und wo es endet. Einige Gänge enden in der Kanalisation. Die Ermittlungen dauern an.
(Vortrag eines Berufsberaters)
Die Vorgehensweise deutet auf Kanalbauer hin. Die verlegen bekanntlich nicht nur Rohre im Boden, sondern auch Anlagen für die Ver- und Entsorgung mit (Dreck-)Wasser. Die Röhren, die von der Polizei gefunden wurden, deuten darauf hin.
(Zeitungsartikel)
Ermittlungserfolg für die Dinslakener Polizei. Die mysteriöse Einbruchsserie, bei der erhebliche Vermögenswerte gestohlen wurden, ist endlich aufgeklärt. Die Beamten konnten Mitarbeiter einer Kanalbau-Firma auf frischer Tat festnehmen, als sie in eine Privatwohnung einstiegen. Nach Angabe des Polizeisprechers nutzten die Gauner nahegelegene Kanalisationsarbeiten, um zusätzliche unterirdische Gänge so anzulegen, daß sie über die Kellerräume in die anvisierten Häuser einsteigen konnten. Die Beute konnte so unauffällig abtransportiert werden. Der entscheidende Hinweis kam von einem Berufsberater der örtlichen Agentur für Arbeit, der sein berufskundliches Wissen einbrachte.