"Ich bin heilloser Optimist." Sebastian Pufpaff im Interview
Hallo, ihr Lieben!
Es gibt Termine... und Termine, bei denen man schon Tage vorher "Spaß inne Backen" hat. Dieses Interview gehört definitiv zur letzteren Sparte. Wir haben uns mal wieder mit Sebastian Pufpaff vor einem seiner Auftritte getroffen und über Gott und die Welt, hauptsächlich aber über seine Nominierungen für den Grimme-Preis und die Goldene Kamera, jedoch auch über Trump, das (nicht durchgesetzte) NPD-Verbot und das Attentat in Berlin unterhalten.
Fazit: Es lohnt sich auch heute (und vielleicht auch gerade heute) immer noch, optimistisch zu sein.
Alle Infos zu Sebastian und seiner aktuellen Tour findet ihr auf seiner Seite.
http://www.pufpaff.de/
Liebst,
Conny
Conny: „Grimme-Preis-Nominierung, Goldene Kamera-Nominierung… hört sich doch schonmal gut an!“
Sebastian: „Du erwischst mich an einem besonderen Tag. Heute, wo wir wissen, dass „Dritter Stock links“ jetzt zwei Grimme-Preis-Nominierungen und eben eine für die Goldene Kamera hat, habe ich erfahren, dass wir abgesetzt werden. Sollten wir wirklich einen der Preise gewinnen, könnte es sein, dass es sich der Sender nochmal überlegt. Aber wir sind angeblich nicht massenkompatibel. Wir hatten im Durchschnitt 850.000 Zuschauer, was -vor allem auch für die Sendezeit- nicht schlecht ist. Heutzutage ist es sauschwierig in der TV-Landschaft etwas Neues zu schaffen. (…) Die Quote ist entscheidend. Vielleicht schreibe ich das Ding auch einfach weiter und biete es woanders an.“
Conny: „Ich habe gesehen, dass auch Christian Tramitz dabei war…“
Sebastian: „Ja und ich hatte seine Zusage, dass er in der kommenden Staffel in jeder Folge dabei sein wollte. Anke Engelke hätte ich auch noch rumgekriegt. Man könnte sagen, wir sind die formatlosesten Preisnominierten, die es im Moment in Deutschen Fernsehen gibt (lacht).“
Conny: „Ihr habt in den verschiedenen Kategorien auch harte Konkurrenz, oder? Dittsche, Sträters Männerhaushalt, heute Show…“
Sebastian: „Ich gebe mich auch vollkommen damit zufrieden, nominiert zu sein. Allein die Nominierung ist toll. Da draußen gibt es circa 8.000 Formate. Und sich da durchgesetzt zu haben, ist echt toll. Das reicht mir. Ich habe auch großen Respekt den ganzen Kollegen gegenüber.“
Conny: „Übst du denn trotzdem schon eine Siegerrede?“
Sebastian: „Nein. Ich habe schon Schwierigkeiten mit den Texten für meine Soloprogramme! (lacht) Ich fange jetzt nicht an, auch noch Reden zu lernen. Sich jetzt eine Rede zu überlegen… nein, das ist genau so, als würde man auf einer Autobahn über Stau sprechen. Das soll man nicht machen, dann steht man drin.“
Conny: „Die Ostseezeitung hat geschrieben, du seist zu viel Kabarettist und zu wenig Moderator… diesen Anspruch hast du doch garnicht, oder?“
Sebastian: „So richtig verstanden habe ich das auch nicht. Viele werfen mir ja vor, ich sei zu wenig Kabarettist und zu viel Comedian. Irgendwas muss man immer schreiben. Im Grunde genommen, bin ich Host bei „Pufpaffs happyhour“, leite von einer Nummer zur nächsten über und präsentiere selbst. Eine tatsächliche Moderationsfläche hatte ich noch nie. Wo mich der Schreiber dieses Artikels schonmal hat moderieren sehen, weiß ich nicht… außer, er hat sich alle Bänder vom Teleshopping angeguckt (lacht). In erster Linie bin ich einfach Entertainer.“
Conny: „Letztes Jahr hast du zum Ende deines Programms gesagt, die Leute sollen sich trauen, rauszugehen. Es würde ihnen nichts passieren. Wie sieht dein Programm nach dem Attentat von Berlin aus?“
Sebastian: „Ich ziehe die Nummer noch ähnlich durch. Sie ist aber anders verpackt. Bei Berlin stellt sich eben immer die Frage: „Ist es ein terroristischer Anschlag oder ein
Amoklauf, bei dem einer komplett ausgerastet ist?“. Viel bekommt man eben nicht mit. Entweder übergeben wir alles dem Label „Terror“, auch wenn jemand seine Familie zerstückelt und in die Gefriertruhe packt, oder wir fangen an, darüber nachzudenken, was uns Angst macht. Die Statistik hat sich nicht geändert. Die Chance, Opfer eines Terroranschlags zu werden, ist extrem gering.“
Conny: „Reagieren die Leute an der Stelle des Programms anders?“
Sebastian: „Eigentlich nicht. Interessanterweise war die Betroffenheit nach den Anschlägen von Paris größer als nach Berlin. Vielleicht sind wir insgeheim doch vorbereitet. Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas hier stattfindet. Im Grunde genommen wohnen wir hier in NRW näher an Paris als an Berlin. Warum macht uns Berlin dann mehr Angst als Paris? Die Distanz ist kleiner. Wenn ein Pariser Attentäter Richtung Osten flieht, ist er ziemlich schnell bei uns. Das Ganze ist so ähnlich wie bei einem Unglück mit einem Atomkraftwerk. Da denkst du auch immer, dass die Radioaktivität schön an der Ländergrenze aufhört (lacht). So ist es aber nicht.“
Conny: „Du bist aber trotzdem ein sehr optimistischer Mensch, oder? Oder machst du dir Sorgen um deine Kinder?“
Sebastian: „Würde da draußen nur Mord und Totschlag herrschen, dürfte ich keine Kinder in die Welt setzen. Wir haben tatsächlich ein Familienmotto. Das heißt: „Niemals verzagen!“. So bin ich auch. Ich muss einfach optimistisch rausgehen. Sonst dürfte ich auch nicht auf die Bühne gehen und Leute provozieren. Sonst müsste ich Angst haben, dass mir demnächst einer eine mit einem Spaten über den Schädel zieht. Ich bin heilloser Optimist. Ich glaube, selbst, wenn jemand mit einer gezückten Waffe vor mir stehen würde, würde ich denken: „Ach, das ist ein Spaß! Ein schlechter, aber es ist ein Spaß!“.“
Conny: „Lass mal über das NPD-Verbot quatschen…“
Sebastian: „Ich finde es sensationell. Wir schleppen uns jahrzehntelang mit diesem Verbot herum, rackern uns ab… und jetzt sagt das Bundesverfassungsgericht, dass die Partei so klein ist und unbedeutsam, dass sich ein Verbot nicht mehr rechtfertigt. Eigentlich ist das doch ideal. Das sollten wir uns doch zur Aufgabe geben, das auch mit der AfD zu schaffen. Die NPD ist irrelevant. Wir leben in einem parteipluralistischen Gebilde. So eine Partei MUSS da sein, damit man weiß, was da stattfindet, welche Ideologie dahintersteckt und welche Anziehungskraft sie hat. Wenn du sie verbietest, geht alles in den Untergrund. Das wäre schlimm. Wir wüssten nichts mehr über diese Leute und wüssten nicht, was getan werden muss, um diese Leute eines Besseren zu belehren. Von einem Verbot halte ich grundsätzlich nichts. Heute sagen auch viele, dass es das Blödeste war, Hussein wegzubomben bzw. aus dem Amt zu schießen und hängen zu lassen. Er hat ein Vakuum namens „Chaos“ hinterlassen. Und bei sowas weißt du nie, wie es sich entwickelt. Hätten wir die NPD verboten, hätten die gesamten Vollpfosten zur AfD gewechselt. Die wäre dann noch radikaler geworden.“
Conny: „Was hältst du von Trump?“
Sebastian: „(lacht) Ab 18 Uhr deutscher Zeit hat er ja seinen Nuklear-Koffer mit den Codes bekommen. Ich habe letztens eine Nummer geschrieben, wo ich sage: „Trump ist eine Chance für die Menschheit.“ Wir haben es dazu kommen lassen. Er kann uns zeigen, wie Politik funktioniert. Immerhin muss er sie auch selbst erstmal lernen. Wenn er auf den Roten Knopf drücken würde, wäre es eine Chance, für die Natur und uns auf Anfang zu gehen. Aber im Ernst: Ich mache mir aber auch Sorgen. Das Ganze ist ein Lehrstück. Wir müssen zusehen, dass die AfD nicht die Parallelerscheinung in Deutschland wird. Die Skatrunde des Terrors, Putin, Erdogan und Trump, ist erschreckend. Ich glaube nicht an einen Krieg zwischen Amerika und Russland. Aber wir werden hier dann Despotenherrscher haben, die eigene Interessen vertreten. Andererseits ist das ein Blick in die Glaskugel… vielleicht finden auch Politik und Gesellschaft zueinander. Aber für Besonnenheit steht Trump nicht gerade. Das Stichwort ist hier Emotionalität. Wir waren demokratisch so weit, haben emanzipatorisch so viel erreicht… alles geht gerade vor die Hunde. Ich hoffe, es gibt einen Aufrüttler. Der Wähler sollte mitbekommen, dass etwas stattfindet. Bürokratie dient eigentlich dazu, um ein System auch zu festigen. Wir sind aber hier gerade sehr nah am Stillstand. Dann muss sich die Demokratie neu erfinden. Wir sind eigentlich gerade mitten im Wahlkampf. Davon sehe ich aber nichts. Ich sehe nicht, dass die Volksparteien einen Wahlkampf machen, in dem die Demokratie neu erfunden und als Mitmachpolitik propagiert wird. Du siehst nur Frustration und Entkoppelung. 75% der deutschen Bevölkerung sitzen gerade da draußen und denken „Das ist doch eh alles scheißegal!“.“
Conny: „Was machst du dieses Jahr noch?“
Sebastian: „Ich bin mit viel kreativem Überschuss ins Jahr gestartet. Da kommt noch einiges (lacht). Vielleicht entwickele ich ein Format, in dem es darum geht, den Optimismus, die Nahbarkeit und die Transparenz wieder ins TV zu bringen. Nicht nur das Internet muss unterhaltsam sein, sondern auch das Fernsehen. Ich gehe mehr in die Autorentätigkeit hinein. Ich erzähle gerne Geschichten. Ich lasse mich aber auch gerne selbst überraschen, also mal schauen.“