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“Wo, bitt'schön, geht's zur Front?” Zur Kommunalwahl 2008 in Bayern

“Wo, bitt'schön, geht's zur Front?”
ZUR KOMMUNALWAHL 2008 in Bayern
Ein offener Diskussionsbeitrag.

Es ist wieder so weit: Erste Fanfaren bliesen schon zum Wahlkampf in Bayern, und auch aus dem zuweilen fernen Berlin schmettern Trompeten zum Krieg der Politiker. Kommunalwahlen in Bayern Anfang März eben.

Übertreiben sie's nicht wieder, die Politiker? Wie auch sonst, wenn es um ihre Diäten und Bedürfnisse geht? Wenn es darum geht, gelassen den eigenen Salaire satt aufzustocken - mit dem lapidaren Hinweis, sie seien es sich eben wert, während sie in laufenden Tarifdiskussionen die Arbeitnehmer zu “weiser Mäßigung” bei Lohnforderungen ermahnen.

Nun, Kommunalwahlen bedeuten, dass die Bevölkerung aufgerufen ist, darüber zu bestimmen, wie sich der Magistrat ihrer Kommune, letztlich ihr kommunales Parlament, zusammensetzt. Aber es ist noch mehr und anderes, denn indem wir entscheiden, wer unsere Voten erhält, bringen wir auch zum Ausdruck, f ü r welche Ziele w i r stehen.

Aber nochmal die Frage: wo wird gekämpft? Wer kämpft mit wem? Wofür wird gekämpft?
Bereits j e t z t, noch ehe der “heiße” Wahlkampf begonnen hat, haben parteiübergreifend - so wage ich zu behaupten - die ersten Kandidaten und Kandidatinnen einen entscheidenden Kampf bereits verloren, meist ohne auch nur zu wissen, in welchem Kampf sie unterlagen: Es ist der vielleicht schwierigste Kampf, den ein Mensch in verschiedenen Situationen auf ganz unterschiedliche Weise zu bestehen hat, nämlich das Ringen mit sich selbst, ein oftmals verschlafener Kampf mit eigenen Egoismen, Dünkeln, fragwürdigen Motivationen.

Gibt es denn diesen Kampf auch in der Politik? O ja, denn wo anders können so vortrefflich Narzissmen und Egoismen sogar in breitester Öffentlichkeit gepflegt werden, oft nur dürftig kaschiert durch leicht zu durchschauende Prätentionen, die dann “die Sache”, “sachliche Diskussion und Argumentation” genannt werden, de facto jedoch nur einem huldigen: dem eigenen Ego.

Und ein solcher Kampf kann bereits im Vorfeld des Wahlkampfes geschehen? Wenn es darum geht, aus w e l c h e r Motivation heraus jemand - meist in einer Partei oder einem politischen Verein - sich als Kandidat oder als Kandidatin nominieren zu lassen.

Denn w e n suchen denn vor allem die politischen Parteien, wenn ihre Nominierungslisten zusammengestellt werden? Etwa den Facharbeiter XY aus der Firma No. X? Oder eben doch lieber - wenn's geht - den prominenten Geschäftsführer einer renommierten und weithin bekannten Firma?
Die Kindergärtnerin, die tagtäglich mit Erziehung und allen ihren modernen Implikationen betraut ist, die aber keiner kennt? Oder doch lieber den Herrn Lehrer, der ja auch durch seinen Schützen- oder Fußballverein bekannt und beliebt ist? Nichts gegen Fußball oder sonst ein Hobby, das man im Verein pflegen kann ... .

Halt! Fragen wir uns nicht länger, welche Präferenzen professionelle Politker in den Parteien aus zuweilen sehr brüchigen Motivationen heraus bevorzugen - neben durchaus selbstverständlich tragenden Motiven; fragen wir uns: “Welche Persönlichkeit könnte ich mir im Stadtrat (meiner Heimatstadt) vorstellen?”

Wie stelle ich mir eigentlich die Zukunft m e i n e r Stadt vor? Wie sollte sie sich entwickeln? Welche Ideen habe ich?
Mancher, der an der Zapfsäule einer Tankstelle steht und - inzwischen bereits schockbewährt - schon gelassener die letzte Benzinpreiserhöhung schluckt, mag sich schon gefragt haben: wie soll das weiter gehen?

Leider ist diese Frage meist nur rhetorisch gemeint, als Ausdruck eigenen Unverständnisses darüber, dass die alte Energiewirtschaft sich skrupellos zu bereichern sucht - solange sie noch eine Chance dazu hat. Aber im Ernst: Seriöse Prognosen halten einen Benzinpreis um die 4 Euro in den nächsten Jahren für realistisch.

Am deutlichsten zeigt sich eben der Beginn (manche sehen eher auf das Ende) einer Ära, einer Ära, in der Energiewirtschaft eine neue Gestaltung erfahren wird, weg von einer monopolistisch orientierten, an Erdöl und Kohle sowie Atomenergie (Uranerz) ausgerichteten hin zu alternativen, dezentralen Energieformen.

Wenn wir fähig sind - was uns zuweilen durchaus gelingen sollte - über die persönliche Betroffenheit (aktuell rasant wachsende Energiepreise) hinauszuschauen, wenn es uns gelingt, zu erkennen, w a s die alte Energiewirtschaft der Welt gebracht hat (neben dem Wohlstand), dann impliziert diese Bilanz eben auch Kriege, monopolistische Wirtschaftsstrukturen (wenige deutsche Energiekonzerne teilen sich die Bundesrepublik), zentralistische und ökonomisch verzerrte Strukturen bedeutete. Denn wer profitierte überproportional vom “Öl-Segen”? Die Schere zwischen arm und reich klafft am Ende der alten Ära weiter auseinander als vorher, eine sozial gerechte Verteilung des Wohlstandes und der Vermögen ist ferner denn je - gerade auch bei uns.

Unsere Kommunen (nicht nur in Bayern) stehen allein im Hinblick auf die notwendigen Umgestaltungen in Energiepolitik und Energiewirtschaft vor wirklich bedeutsamen Reformen und Herausforderungen - nicht weil irgend ein selbsternannter Politikreformer dies prognostiziert, nein, weil der Boden des letzten Ölfasses auch dem Laien nun vorstellbar ist.

Wie k a n n eine moderne Kommune in der Zukunft aussehen? Ich finde, es ist alles andere als eine überflüssige Spekulation, wenn wir uns vorstellen, wie unsere eigenen Ideale, Präferenzen und Ziele aussehen: dann nämlich können wir doch auch eigentlich sagen, w e r im Stadtrat am ehesten für eine moderne, menschliche und soziale Stadt sich engagieren sollte.

Wo, bitt'schön, geht's zur Front? Zwischen den Parteien und politischen Gruppierungen, die sich für die Kommunalwahlen vorbereitet haben, mag es ruhig krachen: ich hoffe, was dieses anbetrifft, dass ein fairer Wahlkampf stattfindet, ein Wahlkampf, in dem es um Ziele, Inhalte geht, in dem es um die Präsentation eigener Inhalte und Ziele geht (und weniger um die unterstellte Unzulänglichkeit des politischen Gegners), ein Wahlkampf, in dem die Kandidaten und Kandidatinnen f ü r eine lebens- und liebenswerte Zukunft unserer Kommunen kämpfen und streiten - und nicht im egoistischen Gehadere untereinander sich verstricken. Ich will lebendige, realistische Plädoyers für eine lebenswerte, humanistischere Zukunft hören (respektive lesen), für eine sozial gerechte, ökologisch und ökonomisch verantwortungsbewusste Politik - mit konkreten Ideen, die anstehenden Aufgaben - im kleinen wie im großen - anzupacken und vorausschauend zu erfüllen.

Politik möge den Menschen wieder zugewandt erscheinen, keinen Raum für die tausend Eitelkeiten und Narzissmen der Einzelnen bieten und Perspektiven dort wieder eröffnen, wo Teile der Bevölkerung auch bei uns bereits h e u t e kein Weiterkommen mehr erkennen können.
Da ist die Front, da sind die realen Aufgaben.-

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8 Kommentare

Nur die werden eben leider nicht gewählt...:-(

Guter Bericht!!
Ist Euch das auch schon aufgefallen:
Auf einmal sehen wir unsere Volksvertreter fast auf jedem Zeitungsblatt und sogar auf der Strasse kennen sie uns jetzt wieder.

Gruß Stephan

Danke, Stephan.

Ich freue mich, dass dieser kleine Beitrag nicht als Argumentation etwa gegen eine bewusste Wahlpartizipation missverstanden worden ist; noch gegen bestimmte Parteien oder für bestimmte Positionen: Mir war und ist es wichtig, dass diese bevorstehende C h a n c e genützt wird, Kommunalpolitik wieder als das zu sehen, was sie ist:
die vielleicht unmittelbarste Form der Demokratie, die Basis unserer föderalen Demokratie und der Zugang des Menschen zu j e d e r Politik schlechthin.

Denn wer sich frustriert von der Politik seiner Heimat abwendet - wie sollte er dann an Europäischer oder internationaler Politik Interesse haben können?

Dennoch ist es wichtig, zumal ich in der Gegenwart Optionen sehe, dass Menschen, die sich aus diesem oder jenem Grund von Politik frustriert abwandten, n e u und vielleicht auch aus neuen Motiven ihr zuwenden.

Politik ist nichts anderes als ein Ausdruck dafür, dass der Einzelne am Ganzen teilnimmt, dieses Ganze mitgestaltet, für dieses durch sein Wirken verantwortlich sich erweist: wir brauchen eine solche Partizipation des Einzelnen und aller Gesellschaftsgruppen am Ganzen der Gesellschaft, wenn nicht eben diese Gesellschaft immer weiter dissoziieren soll.

Es ist mehr als grotesk, wenn bestimmte politische Strömungen allein gegen eine Ghettoisierung ausländischer Mitbürger wettern, aber völlig ignorieren, dass eine Gesellschaft als ganze integrativ sich entwickeln muss, um eine Zukunft zu haben.-

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