Margarete Bause und Christine Kamm mit dem "Bildungsbus" in Rain
Bildungsbus der Grünen in Rain am Lech:
Mehr Sozialarbeiter in den Schulen des Landkreises
Zwei prominente Grünen-Politikerinnen, Margarete Bause, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, und Christinie Kamm, gleichfalls MdL der Grünen (Innenausschuss), Fraktionsvorsitzende im Augsburger Stadtrat, besuchten auf Einladung Marianne Achs Rain am Lech, wo im dortigen Ratskeller Bäuml über die Situation der Schulen im Landkreis und insbesondere der Schulsozialarbeit diskutiert wurde.
Konkreter Anlass der Diskussionsrunde in Rain, an der neben engagierten politischen Persönlichkeiten und Pädagogen aus dem Landkreis, wie z. B. Hubert Renelt, Kreis- und Gemeinderat Kaisheim, auch BLLV-Kreisvorsitzender Wolfgang Janson (Bayerischer Lehrer- und Lehrerverband) teilnahmen, war die Initiative der Grünen im Kreistag, endlich die vier Sozialarbeiterstellen, die bereits einstimmig beschlossen sind, auch tatsächlich einzurichten.
Hubert Renelt berichtete, wie ein Antrag der Grünen im Kreistag, diese Stellen aus Mitteln des Kreises zu finanzieren, keine Unterstützung fand und mit dem Hinweis auf das Konnexitätsprinzip abgelehnt worden war, obgleich die gegenwärtige Finanzlage des Kreises dieses sehr wohl zugelassen hätte. Eine adäquate Finanzierung dieser Stellen durch das Land Bayern, wie dies verfassungsmäßig anstünde, war aus München – mit der Begründung fehlender Mittel – abgewiesen worden.
Warum überhaupt Sozialarbeiter? Anders als früher sieht sich der Klassenlehrer nicht nur mit einem verhaltensauffälligen Schüler konfrontiert, sondern vielerorts mit drei oder mehr permanenten Störern, die nicht nur den Unterrichtserfolg gefährden, sondern alle anderen Schüler und auch die Lehrkraft in eine chronische Konflikt- und Stresssituation bringen, was auf Dauer weitreichende Konsequenzen nach sich zieht: psycho-somatische Erkrankungen (bei Lehrern und Schülern) – Stichwort: „Burn-out-Syndrom“ - und und erhebliche Verschlechterung des Lernerfolgs sind direkte Auswirkungen.
Margarete Bause unterstrich in ihren Ausführungen, wie wichtig die unterstützende Mitarbeit pädagogisch qualifizierter Sozialarbeiter an den Schulen in Anbetracht der drastisch veränderten Sozialisations- und Unterrichtsbedingungen sich erweist. „Eines Tages wird der Sozialarbeiter“ – auch wenn sich das viele heute nicht vorstellen wollen oder können - „ganz selbstverständlich zur Schule“ gehören. Wie auch Christine Kamm, die ihr mit einem Redebeitrag folgte, betonte die Grünenvorsitzende: „Es ist geradezu vorbildlich, wie Ihr hier für die Schulsozialarbeiter-Stellen kämpft!“
Wolfgang Janson argumentierte, dass soziales Lernen (das in diesem Schuljahr als Motto der Gebrüder-Lachner-Hauptschule noch einmal speziell fokussiert wird) zu den zentralsten Aufgaben der Schule gehört. Wie auch weitere Lehrkräfte, die sich zu Wort meldeten, hob er hervor, dass die Schule und auch die Pädagogen sich mit einer noch nie dagewesenen Problematik konfrontiert sehen, die weit über das traditionelle Aufgabenspektrum des Lehrers hinausginge: extrem viele Entwicklungsstörungen, Legasthenie, Gewaltbereitschaft, mangelnde Konflikt- und Dialogfähigkeit, unzureichende kommunikative Kompetenz – dies skizziert in groben Zügen die Alltagssituation in den Schulen und reizt die bisher übliche Qualifikation der Lehrer und Lehrerinnen oft über ihre Grenzen hin aus.
„Nicht neu und überraschend ist das,“ führte Emil Meinzinger ergänzend und illustrierend aus: Bereits in einer Studie der Universität Augsburg, mit der er damals persönlich befasst war, zeigen sich die Grundzüge der Aufgabenstellung, die sich durch die Integration der Ausländer- und Aussiedlerkinder gesellschaftlich und pädagogisch ergibt.
Kontraproduktiv stellt sich der exaltierte Selektionsdruck in unserem Bildungswesen dar: desintegrativ wirkt sich dieser aus, da durch ihn Kinder frühzeitig in eine „Begabungskaste“ ausgelesen werden – statt soziales Lernen z. B. von begabten, normal konstituierten und behinderten Kindern gemeinsam, zum Vorteil aller, verlernen die heute jungen Menschen den Umgang mit dem Anderen – dem Behinderten, dem Ausländer, dem Kranken, dem Benachteiligten – kurz: Toleranz, soziales Miteinander, Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit verkümmern, werden als substantielle Lernvorgänge aus unserem Bildungswesen und damit aus unserer Gesellschaft – verdrängt. Würde weiterhin dieser Selektionsdruck gepflegt oder gar noch forciert (etwa durch disproportionale Förderung sog. Bildungseliten), müsste dies die bereits gravierend problematische Situation verschärfen.
Wenn zudem auch in der Gegenwart Experten und Pädagogen aus der Praxis nur resigniert zu konstatieren wissen, dass sich am Stillstand im Bildungswesen in Deutschland nichts wesenhaft geändert hat, so scheint dies eine einzig dringlichste Forderung zu unterstreichen: die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen, um so die politischen Rahmenbedingungen zu gewährleisten, die erforderlich sind, die brennenden Probleme im Schulwesen angehen zu können.-
Eine Anmerkung prinzipieller Art sei mir an dieser Stelle gestattet:
Manche, die meine Artikel gelesen haben, insbesondere "Status quo bayerischer Familien- und Bildungspolitik" (Dr. Simone Strohmayr referierte im Hotel Drei Kronen in Donauwörth) und nun dieser thematisch verwandte Bericht über die Initiative der Schulsozialarbeiter-Stellen im Landkreis, mögen sich fragen: ja, gehört denn dieses wirklich in das Stadtmagazin Donauwörth? Ist das denn nicht eigentlich Landespolitik?
Ich finde: keine eminent wichtigeren Themen gibt es gegenwärtig in der bayerischen Landespolitik, die tiefer und bedeutender in das kommunale und regionale Leben, in die Städte und Gemeinden Bayerns hineinweisen, als das, was gegenwärtig in München (dem bayerischen Landtag) geschieht u n d auch n i c h t geschieht.
Keine signifikanteren Beispiele landespolitischen Entscheidens lassen sich finden, die aufzeigen, wie Entscheidungen der bayerischen Staatsregierung, wie Vorgänge im bayerischen Landtag, Weichen stellen, hier bei uns, in Donauwörth, in den Städten und Dörfern.
Diese von den Medien so wenig zuweilen beachteten Vorgänge - wie etwa die Neuregelung des "Kindergartengesetzes" - oder aber auch die nicht erfolgte Unterstützung des angestrebten Einrichtens der Schulsozialarbeiter-Stellen im Landkreis, sind zweifellos f ü r sich betrachtet keine Katastrophen, keine Sensationen, aber politisch deutliche Signale, Weichenstellungen, die, wenn sie nicht korrigiert werden, die besorgniserregenden Verhältnisse im Schulwesen prolongieren bzw. forcieren.
Die Lehrkräfte, Pädagogen, Erzieher und Erzieherinnen im Schul- und Bildungswesen (ich zähle Kindergärten definitiv zum >Bildungswesen<), die dringendst zusätzliche Finanzmittel bräuchten, aber auch mehr Kollegen und Kolleginnen, qualifiziert und motiviert, stehen im Regen: die Politik beachtet bislang die gravierend veränderte Aufgabenlage und Problemsituation im Schulwesen in keiner adäquaten Weise. Was Pädagogen aus ihrer alltäglichen Praxis an den Schulen heraus berichten, die Forderungen an die Politik, was Bildungsexperten nahezu unisono bekunden - taub und regungslos scheint die Politik auszuharren - bestenfalls zuweilen lapidar auf die angespannte Haushaltslage hinweisend und wie sehr doch Gelder fehlten. Stets sollten Finanzpolitiker, die so argumentieren, sich veranlasst fühlen, zu sagen: "wir haben kein Geld für eines der wichtigsten Aufgabenfelder eines demokratischen Staates: Bildung und Ausbildung der Kinder und junger Menschen, d. i. die Zukunft unseres Landes." Weder sehe ich als Journalist noch als Bürger mit politischem Bewusstsein meine Aufgabe darin, für e i n e Partei oder für eine Farbe oder Farbkombination eine Lanze zu brechen; nicht sollte es mir darum gehen, die Meinung dieses oder jenes Politikers als die "einzig wahre" zu propagieren; noch sehe ich in der zuweilen üblichen "Meinungsmache" für oder gegen eine Partei irgendeinen, ja nicht den geringsten Sinn, am allerwenigsten in Anbetracht der nun andauernden Stagnation der Reformbewegungen in den zentralen Politikbereichen. Nein, nicht Meinungen will ich präsentieren, auch nicht Meinungen oder Überzeugungen beeinflussen; es geht darum, Inhalte und Vorgänge darzustellen, so dass politisch Interessierte sich aufgrund ihres gewonnen Wissens, sich eine adäquate Vorstellung und Meinung über Sachverhalte bilden können. Der Journalist vermittelt; er steht (oder sollte stehen) in der Mitte zwischen den politisch Mächtigen und Bevollmächtigten, den politisch Aktiven auf der einen und den politisch Interessierten auf der anderen Seite. Dieser "Vermittlungsprozess" des Journalisten (der zuweilen durchaus auch eine "Mediation" eine Schlichtung zwischen beiden darstellen darf und kann) hat eine zentrale und oft vergessene (weil selbstvergessene) Prämisse: Wahrheit! Die Erkenntnis der Wahrheit aufgrund des Gegebenen und Zugänglichen allein ist die Basis journalistischer Arbeit. Objektivität, wie sie der Leser einer nichtparteiischen Zeitung, einer "über-parteiischen" Zeitung oder eines entsprechenden Mediums erwarten kann, ist nur aufgrund der journalistischen Orientierung am höchsten Kriterium einer Aussage möglich: der Wahrheit. Jede andere Orientierung bzw. Ausrichtung ist nicht etwa illegitim, muss aber als solche (etwa in einem Wahlkampf) ersichtlich gemacht werden. In meiner journalistischen Arbeit sind eben solche Inhalte wesentlich. Es mag kein Zufall sein, dass oftmals es geradezu wesentlich ist, aus mehr als nur e i n e r Perspektive heraus eine Thematik zu schildern: eine Sache, von mehreren Seiten her gesehen, ergibt nun einmal ein plastischeres, klareres und realitätsnäheres Bild als die flache Darstellung "von oben", "von der Seite" oder "von unten" - um in der Analogie zu bleiben. Auch mit Blick auf diesen sozialen Brennpunkt "Schule - Bildung - Integration" möchte ich möglichst aus mehreren Perspektiven heraus berichten; vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit, nachdem eine sozialdemokratische, eine Grüne dann noch eine christlich-soziale Sichtweise zu dieser großen Thematik darstellen zu können. Jedenfalls könnte dies bald geschehen, da Christine Kamm mir einen offenen Brief an Sozialministerin Christa Stewens zur Verfügung stellte. Wennmöglich möchte ich diesen - da direkt zur Sache gehörend - zusammen mit einer Antwort der angesprochenen Staatsministerin präsentieren. Falls diese Antwort etwas länger auf sich warten lassen sollte, erscheint jedenfalls dieser Brief hier bis Ende nächster Woche.