Interview mit Andrea Hegen
Auf den Paralympics in Peking errang sie heuer die Silbermedaille im Speerwurf, 2004 in Athen Bronze in derselben Leichtathletik-Disziplin, Europameisterschaften und viele weitere Spitzenleistungen auf renommierten Wettkämpfen rund um den Globus: Andrea Hegen, 23 Jahre, geboren und aufgewachsen in Buchdorf, studiert zur Zeit in Leverkusen für ihr berufliches Ziel, nämlich Inspektorin ihrer neuen Wahlheimat.
Was motiviert sie - trotz Handicap - zu solchen Spitzenleistungen? Wie sieht sie ihre Sportkarriere?
Wolfgang Leitner sprach mit ihr über ihre Ideen, ihren Lebensweg und ihre Ideale.
WZ: “Frau Hegen, 23 Jahre jung, Ihr Vater zeigte mir vorhin ein stattliches Fotoalbum mit ihren Auszeichnungen, vom Umfang und Art der sorgfältigst aufbewahrten Dokumente und Fotos würdig für eine 30jährige: Wie sind Sie zu dieser beeindruckenden, internationalen Sportkarriere gelangt? Wie sehen die Anfänge aus?”
Andrea Hegen [A. H.]: “Angefangen hat es hier in Buchdorf, bei meinen Eltern und im hiesigen Sportverein, später im VSC Donauwörth, dort im BVSV, mit Leichtathletik und Tennis.”
WZ: “Sie leben und studieren jetzt in Leverkusen. Was führte sie so weit weg von ihren Eltern?”
A. H.: “In einem Trainingslager begegnete ich meiner jetzigen Trainerin, Steffi Nerius, die mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, zu ihr nach Leverkusen zu kommen und mit ihr zu trainieren. Ich nützte diese Chance und habe es nicht bereut.”
WZ: “Wie haben Sie, Herr Hegen, von dem sensationellen Erfolg Ihrer Tochter erfahren?”
Peter Hegen: “Wir waren grad in Kroatien im Urlaub, der Wettkampf von Andi lief nachts um vier Uhr, wir saßen wie auf Kohlen. Nach jedem Wurf rief uns eine Vereinskollegin meiner Tochter an - und dann endlich stand es fest! Es war einfach unbeschreiblich.”
WZ: “Und dabei starteten Sie gar nicht so optimal; Ihr Vater erzählte mir vorhin, dass Sie krank waren, als sie in München losflogen.”
A. H.: “Ja, total erkältet und dann noch der Triebwerksschaden unserer Maschine, die nach einer Stunde Flugzeit umkehren musste! Auch in Peking - wir lebten und wohnten im Olympischen Dorf - litt ich noch sehr und musste Antibiotika nehmen. Sie können sich vorstellen, mit welchen Gefühlen ich den Wettkampf antrat. Bis dahin lag ich im Bett, an Training und Vorbereitung - wie es normal gewesen wäre - war nicht zu denken. Bis kurz vor Beginn war noch nicht einmal klar, ob ich gerade stehen konnte.
Tja, und dann hat es doch geklappt.”
WZ: “Niemand lebt für sich allein, und niemand dankt es nur seiner eigenen Leistungsstärke, wenn Erfolge errungen werden: Wer unterstützte Sie besonders auf Ihrem bisherigen Weg?”
A. H.: “Vor allem meine Eltern, auch mein Bruder, im Buchdorfer Sportverein fand ich prima Unterstützung und später dann im BVSV Donauwörth. Last but not least: meine jetzige Trainerin, die bis vor kurzem selber noch Medaillen erkämpfte. Sie holte mich ja auch zu sich nach Leverkusen.”
WZ: “Ihr Training verläuft neben Ihrer Ausbildung zur Inspektorin: Wie gefällt Ihnen Ihr Studium neben Ihrer sportlichen Karriere?”
A. H.: “Die Ausbildung ist mir wichtig, ich mag den Umgang mit Menschen, und ich freue mich schon darauf, wenn ich nach den Abschlussprüfungen im kommenden Jahr fertig bin.”
WZ: “Durch die Wettkämpfe und Turniere sind Sie zu einer Globetrotterin geworden, Ihr Sport führte Sie nach Amsterdam, Berlin, Athen, Sydney, heuer Peking, und in vier Jahren werden die Paralympics in London stattfinden.”
A. H.: “Auch dieses Reisen bedeutet mir viel, fremde Menschen, fremde Kulturen, ja, ich mag auch das am Leistungssport.”
WZ: “Frau Hegen, ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg, so viel Enthusiasmus, wie Sie ihn bisher bewiesen haben, und alles Gute dann 2012 in London! Vielen Dank für dieses Gespräch.”
Das Interview mit Andrea Hegen fand am 09. November vor der Verleihung des Buchdorfer Sportförderpreises im Elternhaus statt.-
Foto: Andrea Hegen, Gewinnerin der Silbermedaille im Speerwurf auf den Paralympics in Peking 2008, auf dem Festzug zur Verleihung des mit 1000 Euro dotierten Buchdorfer Sportförderpreis.-
Ein Glücksfalls für die Andrea scheint die Begegnung mit ihrer jetzigen Trainerin gewesen zu sein. Von einer ebenfalls noch im Wettkampf stehenden Sportlerin trainiert zu werden, dürfte der Traum vieler Sportler sein. Erfolgreich gelebte Integration!