Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Engagement im Weißen Ring
Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten
für Michael Jürgen Taubert, Weißer Ring
Langjähriges, ehrenamtliches Engagement für Kriminalitätsopfer:
Michael Jürgen Taubert, Weißer Ring e. V., ausgezeichnet
Mit einer Ehrung, wie dies gerade durch das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt zum Ausdruck kommt, manifestiert sich nicht nur die primäre Anerkennung der langjährigen, uneigennützig erbrachten Arbeit für die Mitmenschen und die Gesellschaft, nein, es ist natürlich auch ein Zeichen und Akzent, der die Leistungen und die Bedeutung der Organisation, innerhalb derer sich die Ehrenamtler engagieren, hervorhebt und fokussiert: Michael Jürgen Taubert erhielt diese besondere Auszeichnung, überreicht durch Landrat Stefan Rößle vergangenen Montag.
Michael Taubert, Diplom-Finanzwirt, hauptberuflich tätig am Hauptzollamt Augsburg, setzt sich seit 1991 für Kriminalitätsopfer ein und kümmert sich im Rahmen des Weißen Rings e. V. um Betroffene. Der Weiße Ring, 1976 durch Eduard Zimmermann, den damaligen berühmten Aktenzeichen XY - Moderator, ins Leben gerufen, hat als bundesweit einzige Einrichtung dieser Art die Zielsetzung, Opfer von Straftaten beizustehen.
“Bei einem Verbrechen ist oft nur die Rede vom Täter, seinen Motiven, seiner Strafe. Das psychisch, körperlich und materiell geschädigte Opfer ist oft weniger interessant,” skizzierte Stefan Rößle in seiner Laudatio die gesellschaftliche Grundsituation. Nicht nur innerhalb der Massenmedien, in denen oft nur sensationelle Aspekte einer Straftat eine Rolle spielen und fokussiert werden, sondern auch in der Gesellschaft und in der Öffentlichkeit verschwinden insbesondere die menschlichen Dimensionen der Straftat für das Opfer, das meist durch das Verbrechen aus seiner alltäglichen, beruflichen und sozialen Erlebniswelt herausgerissen wird und neben materiellen Verlust vor allem durch die traumatisierende Erfahrung weitreichende psycho-soziale Auswirkungen erleidet.
“Der Schutz des Opfers und die Wahrung der Intimssphäre stehen an erster Stelle. [ ... ] In enger Zusammenarbeit mit den Behörden unterstützt der Weiße Ring bei materiellen Notlagen und informiert Opfer über ihre Rechte und Ansprüche, “ erläuterte der Landrat im Pressegespräch.
“Welch tragische Schicksale sich hinter den Opfern verbergen, kann ich aus meiner Erfahrung als Kriminalbeamter nachvollziehen. Ich bin sehr froh darüber, dass es den Weißen Ring seit 1980 in unserem Landkreis gibt.”
In seinem über 15jährigen Engagement für den Weißen Ring konnte Michael Taubert vielen helfen und sammelte umfassend Erfahrungen, wie sie sich aus dem Alltag des Wirkens für Kriminalitätsopfer ergeben. Befragt nach einem zentralen Ereignis, das für ihn Bedeutung hat und seine Motivation bestimmte, erzählte er:
“Vor vielen Jahren schon erfuhr ich von einer älteren Dame, die in einer öffentlichen Sauna bestohlen worden war, “ erinnerte er sich, sichtlich gerührt. Der materielle Schaden dieses Diebstahls war relativ gering, vielleicht 50 D-Mark, jedoch mit einem anderen Verlust verknüpft, der sich ganz anders zeigte: “In dem Geldbeutel war das einzige Foto ihres im Weltkrieg verstorbenen Ehemanns.”
Wie helfen? Das Foto stellte offensichtlich ein wichtiges, vielleicht einziges Erinnerungsmoment an den geliebten Verstorbenen dar: Was tun? Die Wahrscheinlichkeit, in irgendwelchen Archiven ein anderes Foto zu finden, schien verschwindend gering. Mag man es Zufall nennen oder Fügung: “In einer Buchhandlung entdeckte ich einen Bildband mit vielen Schwarz-weiß-Fotos, eines darunter stellte eben jenen Ehemann dar, der beim Roten Kreuz gearbeitet hatte.”
Vielleicht kommt gerade durch diese erlebte Episode zum Ausdruck, was für jegliche Arbeit im Weißen Ring zentral und wesentlich ist: das Opfer verstehen, sich in seine Lage versetzen können, aus seinen Augen das Erlebte verstehen - und soweit möglich: helfen.
In Anbetracht einer Massengesellschaft, wie der unseren, erscheint ein solches Engagement wie das Salz, das in zwischenmenschlichem Erleben nicht fehlen darf: aus individuellem Verstehen heraus handeln, dem Einzelnen in Not beistehen, begleiten, beraten, auch spüren lassen, dass die je besondere Notlage auch emotional “verstanden” wird, dass jemand da ist, der zuhört, Kompetenz hat, auf Rechte und Ansprüche hinsichtlich der Notsituation hinzuweisen, zu vermitteln, um letztlich eines zu ermöglichen: auch die psycho-soziale Balance wiederzuerlangen, die durch die erlittene Straftat gestört worden ist, zu verhindern, dass die aktuelle Krise unheilbare Wunden hinterlässt - soweit dies überhaupt durch das menschliche Begleiten und Beraten, zuhören und vermitteln möglich ist.-
Foto: Landrat Stefan Rößle freute sich, Michael Jürgen Taubert, Weißer Ring, das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt überreichen zu dürfen. Nördlingens Oberbürgermeister Hermann Faul unterstrich, wie wichtig das nachhaltige Wirken des Weißen Rings für Kriminalitätsopfer sich erweist. Wie Stefan Rößle konnte er die hilfreiche und meist in der Öffentlichkeit wenig fokussierte Unterstützung Betroffener durch den Weißen Rings, getragen durch viele ehrenamtlich Engagierte, immer wieder aus der Perspektive polizeilicher Arbeit kennenlernen. Wesentlich - so Taubert - zeige es sich, nach einem oft traumatischen Erleben einer Straftat den Betroffenen beizustehen, da neben der materiellen Schädigung die psycho-sozialen Auwirkungen ungleich tiefer in das Leben des Opfers hineinreichen.
Auch zu diesem Bericht erscheint kommenden Mittwoch voraussichtlich ein Artikel in der WZ Donauwörth.-