Andreas Jordan ein Freund von mir !!!
Wie werde ich bloß berühmt?
Geschrieben von: andreas.jordan
Mittwoch, den 09. Februar 2011 um 14:28 Uhr
Wie werde ich bloß berühmt? - Das ist die Frage der Fragen unter solchen Menschen, die zwar ein großes Sendebewusstsein aber wenig Sinn für Realität haben. Leider tragen die vielen TV-Casting-Shows auch noch dazu bei, dass sich fast jeder für tauglich hält, ein Superstar zu werden - selbst wenn er/sie weder singen noch ein Instrument spielen kann. Wichtig scheint allein, wie man wo mit welcher öffentlichen Aufmerksamkeit rechnen kann.
Dass Popularität ein erstrebenswerter Faktor ist, sei mal für den Moment so hingenommen. Schließlich kann man mehr CDs oder MP3s verkaufen, je mehr Leute einen kennen und die Musik mögen. Aber das ist nicht alles. Und damit fängt es erst recht nicht an.
Die wichtige Frage, die man sich als Musiker stellen muss, ist nämlich: Was mache ich, dass ich mit Musik ausreichend Geld verdienen kann, um davon zu leben? Und ein Teil der Antwort ist: Das Handwerk beherrschen. Ein Profimusiker-Karriere ist kein Playstation-Spiel für das man sich im Internet diverse Cheats herunterladen kann, um die Spielregeln zu umgehen. Zwar konnte man noch nie so schnell, einfach und kostengünstig seine Musik und Filmchen im Netz veröffentlichen. Aber es gab auch noch nie so ein Überangebot an schlechtem und mittelmäßigem Material. Und nur, weil man fünfhundert Freunde auf myspace oder facebook hat, hat man noch lange keinen neuen, reell bezahlten Gig in der Tasche oder auch nur drei CDs mehr verkauft.
Was wirklich und alleine zählt, sind: Fleiß, Aufmerksamkeit, Ordnung und Schrift! ... ach Quatsch! Was Euch dauerhaft nach Vorne bringt sind: hochwertige musikalische Qualität, Zusammenhalt in der Band und umsichtiges Planen von Konzerten.
Ihr und eure Musik, das ist wie Obst auf dem Bauernmarkt. Zig Stände mit den unterschiedlichsten Gemüse- und Obstsorten buhlen da um Käufer. Und es reicht nicht, nur gut auszusehen oder gut zu schmecken. Ihr braucht den richtigen Händler, der euch anpreist und sich für Euch einsetzt. Nur vom Rumliegen alleine geht nichts. Außer der Gärungsprozess setzt ein. Dann verfault ihr im eigenen Saft.
Ihr braucht neben eurem persönlichen Vermarkter (der ihr selber sein könnt) natürlich auch gutes Werbematerial, wenn's um Gigs geht. Neue Veranstalter, die euch nicht beim letzten Heimkonzert oder Schulfest erleben konnten, wissen nichts von euch. Folglich entscheiden sie aus dem Bauch heraus. Ihr braucht: Ein gutes Bandinfo, in dem erklärt wird, was für Musik ihr macht, und nicht, das ihr die Besten seid. Ein gutes Foto für die Presse. Nur die guten Fotos werden auch veröffentlicht. Wer meint, er käme mit verwackelten Schnappschüssen aus dem Probenkeller weiter, irrt.
Gute Demos gehören dazu. Und zwar solche, die dokumentieren, was ihr drauf habt und auch live spielen könnt. Nicht die "Demos", bei denen ihr alle Register eurer Software gezogen habt, 40-stimmige Chöre und ein ganzes Sinfonieorchester im Hintergrund einen vollen Soundteppich fabrizieren und dazu noch die Kirchenorgel dröhnt. Wer dann noch ein cooles Live-Video auf youtube anbieten kann, ist schon auf einem guten Weg.
Adressen von Veranstaltern gibt's ohne Ende. Wer auf Nummer sicher gehen will, guckt sich die Bandseiten solcher Gruppen an, die vergleichbare Musik spielen. Und sucht nach deren Auftrittslisten. Das ist aber nur der halbe Weg. Ihr müsst auch wissen, wer der Veranstalter ist. Konzerthallen werden meist von Agenturen und Kulturvereinen angemietet. Also sucht nach den Adressen der Kulturvereine. Und bietet euch dort an.
Zum Thema Kohle: Es gibt eine einfache Rechnung für Bands auf Normal-Niveau. 150 Euro pro Mann plus Spritkosten. Bei Konzerten, die länger als 90 Minuten gehen, wird mit 100 Euro pro Mann pro Stunde kalkuliert. Wem das zuviel vorkommt, der darf ruhig mal darüber nachdenken, welchen Teil davon das Finanzamt haben will. Und: ihr habt vor diesem Gig hunderte von Stunden geübt, arrangiert und eingespielt, geschwitzt, geschuftet und euch gegenseitig fast verprügelt. Zum Teil sind die Gagen auch Lohn dafür.
Die Gema dürft ihr nicht unterschlagen. Jeder Musiker, der der Urhebergesellschaft seine Vergütungsrechte übertragen hat (und das habt ihr mit der Mitgliedschaft), ist verpflichtet eine Spielfolge der einzelnen Konzerte einzureichen. Egal, was der Veranstalter behauptet. Ihr müsst. Ansonsten gehen die Gebühren, die der Veranstalter sowieso als Pauschale entrichtet, in den großen Topf und ihr geht leer aus. Wer selber Stücke schreibt, sollte seine Tantiemen nicht so sorglos verschenken. Wer nicht bei der Gema ist, verzichtet sowieso immer auf seine Tantiemen. In diesem Fall solltet ihr prinzipiell höhere Gagen verlangen.
Auch bei Coverbands ist eine Spielfolge wichtig: Schließlich spielt ihr Stücke anderer Autoren. Und wenn ihr mit deren Musik Gagen einnehmt, dürfen die auch verlangen, dass wenigstens ein paar Cent auf ihrem Konto landen.
Auf Dauer ist mit Covers natürlich kein großer Erfolg beschieden. Wer irgendwann große Konzerthallen und Open-Airs spielen will, muss eigene Musik in petto haben. Wer als Studiomusiker arbeitet, braucht das natürlich nicht unbedingt. Aber die gängige Kalkulation, die sich unter Musikern durchgesetzt hat, ist diese:
Ein Drittel Einnahmen aus Unterricht + ein Drittel Auftrittsgagen + ein Drittel Tantiemen (bei Textern/Komponisten = Gema, bei Studiomusikern = GVL).
Anfangs sind die Verwertungsgesellschafts-Ausschüttungen nicht so hoch. Das pendelt sich im Laufe der Jahre aber ein.
Und jetzt noch mal zum „berühmt werden“: Wer beständig an sich und seiner Musik arbeitet und kontinuierlich gute Konzerte spielt, kommt sehr weit. Wahrscheinlich viel weiter, als man am Anfang selber dachte ...
Andreas Jordan
Kulturjournalist, Textdichter, Komponist, Sänger und Git