Performance in Bremen gegen den Krieg
Das Bremer Friedensforum hatte zu einer Open-Air-Veranstaltung mit der Hamburger Performance-Künstlerin Lavanya Honeyseeda und ihrem Musikteam (Künstlergruppe X-citation: Janosch Pangritz, Paul Gehrmann und Steven López) eingeladen, eine speziell für Bremen arrangierte Friedensperformance aufzuführen. Diese fand vor dem 1935 im NS-Geist geschaffenen Kriegerdenkmal auf der Altmannshöhe statt. Das Denkmal soll nach dem Willen des Bremer Friedensforums und anderer Bremer Gruppen zu einem Friedensdenkmal umgewidmet und umgestaltet werden.
Hartmut Drewes vom Sprecherkreis des Friedensforums begrüßte die 150 Gäste und stellte die Entstehung des Denkmals dar. Wolfgang Bielenberg, Mitglied des Bremer Beirats Mitte für die Partei Die Linke, hielt ein Grußwort als Vertreter einer neu entstandenen Runde aus Behörden, Beirat, Denkmalpflege, Staatsarchiv, Erinnern für die Zukunft, Friedensforum u.a., die mit dem Umgang mit der Altmannshöhe befasst ist. Als ein Beitrag für diese Diskussion verstand sich die Kunstaktion.
Lavanya Honeyseeda und die Künstlergruppe X-citation auf der Altmannshöhe
Die Kunstaktion sollte ursprünglich innerhalb der Rotunde des Denkmals, verbunden mit der Frauen-/Muttergestalt davor, stattfinden. Musiker und Tontechniker hatten sich bei einem gemeinsamen Lokaltermin genauer mit der Akustik beschäftigt und Ideen für eine wirkungsvolle Präsentation entwickelt. Die Performance musste allerdings vor dem Denkmal präsentiert werden, da aus Verkehrssicherheitsgründen keine Genehmigung für den Innenraum des Denkmals erteilt wurde.
Eindrucksvoll: Eine halbe Stunde bewegte sich Lavanya Honeyseeda, musikalisch begleitet von "X-citation" (Impro), singend über den weiten Platz zwischen den Kinderfiguren, die sie durch empathische Gesten als Opfer der Kriege deutlich werden ließ. Die Zuschauer sahen gebannt dieser dramatisch gestalteten Choreographie zu.
Die Künstlerin Lavanya Honeyseeda hat zu ihrer Performance selbst gesagt:
"In besonderen Zeiten braucht es besondere Mittel um für Frieden, Gerechtigkeit, Umweltschutz und gegen Gewalt und Ausgrenzung Zeichen zu setzen. Durch die universelle Sprache der Kunst wird der Mensch nicht nur intellektuell angesprochen sondern auch auf einer emotionalen, intuitiven Ebene berührt. Schon in der Vergangenheit haben Künstler*innen mit ihrer Kunst zu Menschenrechts- und Friedensbewegungen signifikant beigetragen. Fremdenhass, Gewalt und Krieg sind leider im 21. Jahrhundert immer noch prägend für das gesellschaftliche Stimmungsbild - selbst in Europa, daher sehen wir die Verbindung von Kunst und Politik als essenziell wichtig und notwendig an und wollen unseren Partnern vom Bremer Friedensforum mit vollem Einsatz unserer Fähigkeiten zur Seite stehen.“
Das Video von der Performance mit Lavanya Honeyseeda und der Künstlergruppe X-citation ist bei Weltnetz.tv hochgeladen.
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Begrüßung auf der Altmannshöhe (Hartmut Drewes, Bremer Friedensforum, 24. April 2022)
Heute vor 475 Jahren, 1547, besiegte Kaiser Karl V. in der Schlacht bei Mühlberg den protestantischen Schmalkaldischen Bund. Das protestantische Heer verlor von seinen 7000 Soldaten 3000.
Heute vor 138 Jahren, 1884, übernahm das Deutsche Reich den Schutz der Erwerbungen des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz als Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) Die erste offizielle Flaggenhissung in Südwestafrika fand statt unter Beteiligung der Besatzungen zweier deutscher Kriegsschiffe, der Kreuzerfregatte Leipzig und der Korvette Elisabeth.
Heute vor 96 Jahren, 1926, wurde in Berlin der deutsch-sowjetische Freundschafts- und Neutralitätsvertrag abgeschlossen.
Es gibt stets diese zwei Möglichkeiten, das Verhältnis zwischen verschiedenen Völkern zu regeln, entweder militärisch oder diplomatisch. Der Geist, in dem dieses Denkmal hier auf der Altmannshöhe geschaffen und 1935 eingeweiht wurde, tendiert deutlich zur ersten Möglichkeit, der militärischen. Leider gewinnt diese militär-politische Tendenz angesichts des russischen Krieges in der Ukraine wieder hohes Ansehen und Rechtfertigung, besonders für Lieferung von Waffen in das Kriegsgebiet.
Schon die damalige Einweihungsfeier des Denkmals 1935 macht die militärpolitische Tendenz deutlich: Anwesend waren außer dem Bürgermeister und dem Domprediger Weidemann sowie den nächsten Angehörigen der Gefallenen die Kompanie des Infanterie-Regiments 65 mit ruhmreichen Fahnen, die Marine, der Ehrensturm der SA-Standarte 75 sowie drei Kriegervereine („Stahlhelm“, Kriegsopfer-Verband und Kyffhäuserbund.) Beim Aufstellen der Fahnen erklang der Preußische Präsentiermarsch und kreisten Flugzeuggeschwader über den Teilnehmern. Die Einweihung nahm der Oberbefehlshaber des Heeres, General der Artillerie Freiherr Werner von Fritsch vor. Er galt in weiten Kreisen des Heers als „Schöpfer der Nazi- Wehrmacht“. Seine Einweihungsrede endete er mit einem „‘Sieg Heil‘ auf Adolf Hitler“. Seine Hitlerergebenheit blieb bis zu seinem Tode. In der Bundeswehr wurde er – und man muss sagen - wird er weiter verehrt: Sechs Kasernen tragen seinen Namen.
Entworfen hatte dieses Denkmal Ernst Moritz Gorsemann. Er war der erste Direktor der „Nordischen Hochschule für Bildende Kunst“ in Bremen, die ein halbes Jahr vorher von den Bremer Faschisten gegründet wurde. Sie sollte, „schöpfend aus dem Urgrunde deutsch-nordischen Volkstums, mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers“. So wörtlich in einer offiziellen Broschüre.
Im Denkmal finden sich nicht nur die Namen der gefallenen Soldaten, sondern auch die der Division Gerstenberg und des Freicorps Caspari, die die Bremer Räterepublik niedergeschlagen hatten, sowie die von drei „Blutzeugen“ des Bremer Faschismus. Die Namen der Letzteren wurden nach 1945 auf Anordnung der Alliierten entfernt.
Auf dem Denkmal selbst finden sich Worte von Conrad-Ferdinand Meyer wie auch aus dem Johannesevangelium. Beide wurden ins Militärische umgedeutet. Ihre ursprüngliche Aussage hat nichts mit Militär zu tun.
Was macht man mit solch einem Nazi-Denkmal? Diese Frage ist immer wieder gestellt worden. Es abzureißen, war die radikalste Forderung. Umgestaltet wurde bisher 1963 nur die Statue „Mutter mit Kindern“, eigentlich auch nur, da der Kopf durch Bombensplitter abgetrennt worden war. Allerdings hat Gorsemann den alten Kopf einer stolz blickenden Frau mit deutschtümelnder Frisur durch einen neuen ersetzt, dessen herabblickendes Gesicht nach seinen Worten „das Leid der Kriegsmütter“ spiegelt.
Aber das ganze Denkmal muss endlich umgestaltet werden. Ein Schild mit einem entsprechenden Text wäre zu wenig. Diesem Denkmal müsste ein unübersehbarer Zusatz hinzugefügt werden, der deutlich im Widerspruch zur Glorifizierung der durch Krieg hingeschlachteten Menschen steht. Das Krieger-Denkmal muss in ein Friedensdenkmal umgewandelt werden.
Siehe auch:
Interview mit Ekkehard Lentz für die Sonderausstellung „Experiment Moderne. Bremen nach 1918“ im Bremer Focke-Museum
Erinnerungsorte wurden thematisiert, die sich auf Ereignisse der Zeit zwischen 1918 und 1933 beziehen. Neben dem Revolutionsdenkmal auf dem Waller Friedhof und dem „Sterbenden Jüngling“ (heute Teil des Lidice-Mahnmals) betrifft dies u.a. auch das Denkmal auf der Altmannshöhe.
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