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Eine Weihnachtsgeschichte um den Untersberg bei Bad Reichenhall - Sagen und Legenden

In dem Sagen- und Märchenbuch um Bad Reichenhall und das Berchtesgadner Land, sind viele Sagen und Legenden aus der Heimat des Autors Angerer der Ältere miteingeflossen.
Der Prolog handelt von der Legende um den Untersberg, auch Wunderberg genannt.

Das Phantastikmärchen "Janus und Sunaj-Gefährliche Träume", Teil I, enthält 17 s/w Zeichnungen und 47 farbige Bildmotive auf 264 Seiten. Erschienen ist es im Burg-Verlag.
Hier ein Ausschnitt des Weihnachtsmärchens im Prolog:

Die Sage um den Untersberg berichtet, dass schon öfters Wesen aus dem Berg, besonders zur Weihnachtszeit, Menschen in Not geholfen haben sollen, deshalb der Name „Wunderberg“.

Heiliger Abend am frühen Nachmittag.
„Oma, Oma, komm schnell, ich hab’ das Christkind gesehen.“ Mit diesen Worten schnappte sich das Mädchen die Hand seiner Großmutter und zog sie in den Dachboden.
„Da bin ich aber neugierig, mein Kind“, meinte diese gutmütig. Vor einem kleinen Dachfenster blieben die beiden stehen.
Wortlos zeigte das Mädchen auf den Lichtstrahl, der seinen Weg durch das Fenster gefunden hatte. Darin tanzten Millionen winziger Staubkörner. Nun trat das Mädchen in das Licht. Seine goldenen Locken glänzten und strahlten nun selbst, so als hätte es die Aura eines Heiligenscheins.
„Ja, mein Kind, du hast recht, ich sehe es nun selbst … es ist das Christkind“, sagte die Großmutter gerührt.
Nun war ein Jahr vergangen und Großmutter, die das Mädchen so geliebt hatte, war gestorben. Wieder ging es am Heiligen Abend zur selben Zeit in den Dachboden, um das Christkind zu schauen. Es war wie im vorigen Jahr ein ausnahmsweise sonniger Tag und die schräge Wintersonne schien wieder durch das Fenster.
„Mama, das musst du sehen, das Christkind ist wieder auf dem Dachboden“, rief das Mädchen und nahm die Hand seiner Mutter, um sie, wie im Vorjahr Großmutter, in den Dachboden zu ziehen.
„Du siehst doch, dass ich hier den Christbaum schmücke, dein Vater lässt mir ja immer die ganze Arbeit“, sagte die Mutter und fuhr damit fort, Lametta auf den Tannenbaum zu hängen. Aus der Küche war nun die Stimme des Vaters zu vernehmen: „Und wer hat wohl den Baum eingekauft und in den Ständer montiert, ha?“
„Das wäre ja das Schönste, wenn du bei dem bisschen Beamtentätigkeit auch das nicht tätest“, hörte nun das Mädchen, das zwischen den beiden stand, seine Mutter.
„Papa, gehst du mit mir auf den Dachboden?“ Der Vater sah sofort eine Chance, seiner Frau „eins auszuwischen“, und meinte „warmherzig“ mit lauter Stimme: „Natürlich, Kind, du weißt doch, dass ich für dich immer Zeit habe!“
„… wohl im Gegensatz zu seiner bösen Mutter, wolltest du doch sagen“, rief die Frau den beiden nach.
Aber das Mädchen und sein Vater standen schon vor dem lichtdurchfluteten Dachfenster.
„Mein Kind, was du hier siehst‚ ist nicht das Christkind, das sind doch nur Millionen von Staubpartikeln, die von der Sonne angestrahlt sind. Wäre das hier ein luftleerer Raum, dann … na siehst du, jetzt ist die Sonne weg.“
„Das Christkind ist mit der Sonne gegangen“, sagte das Mädchen traurig und ging wieder nach unten.
Zur Bescherung hatte es aus seiner Sicht eine Menge unsinniges Zeug bekommen, mit dem es nichts, aber rein gar nichts anfangen konnte. Aber das Schlimmste war für das Mädchen, seine Eltern stritten sich schon wieder.
„Was glaubst du eigentlich, wo denn das alles, was wir uns erworben haben, herkommt … doch nicht von deinen paar Kröten, die du nach Hause bringst. Nur beim ‚Oberwirt’, da bist du der Stammtischcapo, aber in deinem Betrieb bist du doch eine Flasche … na, und zu Hause … darüber reden wir lieber gar nicht“, hörte das Kind seine Mutter.
„Du eingebildete Kuh, was weißt du denn schon von zu Hause, meine Powerfrau ist ja so gut wie nie hier.“

Das Mädchen lag auf dem Sofa, sein Lieblingsbuch aufgeschlagen. Es handelte von geheimnisvollen Geschichten, von Helden, Rittern, Ehre und vom Alten Kaiser im Wunderberg. Es hatte gerade das Lesen gelernt, aber schnell, im Gegensatz zu den anderen Kindern, an den Büchern seine Leidenschaft entdeckt.
Ihre Eltern dachten wohl, dass es schlief, denn seine Augen waren zu. Dabei hatte das Mädchen nur deshalb seine Augen geschlossen, um nicht zusehen zu müssen, wenn sich seine Eltern so hasserfüllt ansahen. Es sehnte sich in die Zeit zurück, als Großmutter und Großvater noch lebten. „Wenn Mama nur ein bisschen so wäre wie Großmutter“, dachte es bei sich.
Es wäre jetzt müßig in Einzelheiten zu erzählen, was die nur mit sich beschäftigten Eltern sich an den Kopf warfen. Als aber das Mädchen hörte, dass seine Mutter ohnehin schon vorhatte seinen Vater zu verlassen, wusste es, dass es nun Zeit war zu gehen.
Keiner der beiden Eltern bemerkte, wie das Mädchen still vor sich hin weinend aufstand, sich Jacke, Schuhe und Mütze anzog und in die kalte Winternacht hinausging.
Als die Eltern von ihrem Streit erschöpft nach Stunden entdeckten, dass das Mädchen nicht mehr im Haus war, starteten sie eine große Suchaktion. Die Polizei wurde eingeschaltet, vergebens, das Mädchen blieb verschwunden. Kein Mensch hatte es jemals wieder gesehen. Es war, als hätte es sich in Luft aufgelöst, denn auch sein Leichnam wurde nie gefunden; hatten doch zunächst alle angenommen, das Mädchen sei erfroren.

Doch was war wirklich mit ihm geschehen?
Die Geschichte spielte sich am Fuße vom Untersberg, auch Wunderberg genannt, ab. Die sonderbarsten Sagen erzählt man sich von diesem Berg. Zwerge, Riesen und wilde Frauen sollen dort ihr Unwesen treiben. Tief im Innern des Berges, so sagt die Mär, solle der Alte Kaiser mit weißem Bart umgeben von all seinen Helden auf einem goldenen Thron sitzen. Seine Raben schickt er jedes Jahr zur Weihnachtszeit in die Welt hinaus, dass diese ihm dann berichten, was dort draußen vor sich geht.
Das Mädchen hatte diese Geschichte um den Alten Kaiser und seine Helden von Anfang an in seinen Bann gezogen. Zunächst hatte ihm Großmutter immer wieder alles, was sie wusste, darüber erzählen müssen. Seit es lesen konnte, war kein Buch, das darüber berichtete, vor ihm sicher.
„Wenn ich groß bin, gehe ich zum Alten Kaiser“, hatte es einmal gesagt, als es gefragt wurde, was es denn einmal werden wolle.
Das Mädchen glaubte so fest an den Alten Kaiser, dass es sich nun bei Kälte und Schnee aufgemacht hatte, ihn zu suchen. Aber so einfach war das nicht. Jetzt war das Kind schon am obersten Teil des Fußes vom Wunderberg angelangt. Vor ihm ragte steil eine hohe Felswand empor, links und rechts war unwegsames, felsiges Gelände. Wenn auch nichts darauf schließen ließ, dass hier irgendwo ein Eingang in das Innere des Berges sein könnte, blieb das Mädchen fest davon überzeugt, dass nur hier der Weg in den Berg führen müsse. Das sagte ihr eine innere Stimme.
Müde setzte sich das Mädchen auf die alte Wurzel eines umgekippten Baumes und wartete und wartete. Immer wenn es drohte einzuschlafen, stand es auf und machte sich etwas Bewegung; es wusste, dass dies die erste harte Prüfung war. Umkehren und wieder nach Hause gehen kam für das Kind nicht in Frage, dafür war es zu zäh und zu geduldig.
Irgendwann glaubte es Rabengekrächze zu hören, doch dann war wieder Stille, eine Stille, die es nur im Winter geben kann, wenn Luft und Erde voller Schnee sind.
Für das Mädchen kam bei aller Tapferkeit doch der Punkt, wo es schwächer wurde. Es war eingeschlafen und kippte zur Seite. Es war schon in den schönsten Träumen, als ihm etwas ins Ohr zwickte und mit leiser Stimme rief: „Aufwachen, aufwachen.“
Das ging so lange, bis das Mädchen die Augen öffnete.
„Na endlich“, hörte es dicht vor seinem Auge ein winzig kleines Männchen, nicht größer als sein Daumen, sagen.
„Wer bist denn du?“, kam es fragend aus dem Mädchen heraus. „Sicher bist du eines der Erdmännchen, von denen ich schon gelesen habe“, gab es sich nun selbst die Antwort.
„Ja, ich bin Winzel und mein Herr ist der Alte Kaiser im Wunderberg. Ich bin der König über Millionen von Winzlingen.“ Das Kind nickte stumm wie jemand, der keine weitere Erklärung brauchte. Zu selbstverständlich klang für das Mädchen, was der König Winzel zu ihm sagte. „Mir ist kalt“, sagte es nur fröstelnd und fragte: „Wollen wir nicht in den Berg zum Kaiser gehen?“
„Ja, das werden wir, ich kann dich doch nicht hier draußen in deinem Elend sitzen lassen.“
Inzwischen hatten sich tausende von Winzlingen um das Mädchen versammelt und ein jeder hatte eine Laterne angezündet.
Hinter einem langen Zug kleiner Lichter, gleich Glühwürmchen, schritt nun das Mädchen langsam und feierlich auf die Felswand zu. War es das Licht der vielen Laternen oder hatte es vorher in der Dunkelheit das große Felsportal nicht gesehen? Jetzt jedenfalls öffnete sich laut und ächzend das Eisentor. Ein Licht drang daraus hervor, wie es das Mädchen noch nie zuvor gesehen hatte, und es ging hinein in dieses Licht, bis es selbst ganz und gar Licht war.

Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, denn es gibt noch etwas über die Eltern des Mädchens zu berichten. Zunächst, wie sollte es auch anders sein, machten diese sich gegenseitig die größten Vorwürfe, schuld am Verschwinden des Mädchens zu sein. Doch dann fiel dem Vater ein, dass die Kleine öfters davon geredet habe, sie ginge zum Alten Kaiser in den Wunderberg.
Es war in den Morgenstunden, da machten sich die Eltern auf den Weg zum Untersberg Sie fanden auch halbverschneite Fußspuren, die den Weg verließen. Sie waren auf das Schlimmste gefasst und machten sich mit dem Gedanken vertraut, ihr erfrorenes Kind zu finden. Jäh endete die Spur vor einer steil aufragenden, unbezwingbaren Felswand. Das Sonderbare daran war, es führten keine Fußstapfen zurück. Wie gelähmt standen sie einige Zeit nebeneinander, dann fing die Frau an zu weinen und mit diesem immer heftiger werdenden Weinen fiel all ihre Hartherzigkeit von ihr ab. Der Mann nahm sie in die Arme und weinte mit.
„Sie ist wirklich zu ihrem Alten Kaiser gegangen“, sagte der Vater.
Ab dieser Stunde waren beide wie verwandelt. Es war, als wären sie von einer neuen Liebe erfüllt. Nie mehr stritten sie miteinander und hatten noch gemeinsam drei Kinder.

Viele Jahre später am Heiligen Abend war das Ehepaar mit seinem Auto unterwegs, um seine erwachsenen Kinder zu besuchen. Bei heftigem Schneetreiben kamen sie von der Straße ab und stürzten am Fuße des Untersbergs in eine Schlucht. Wie durch ein Wunder wurde das verletzte Paar von einer jungen Frau entdeckt und gerettet. Noch im Krankenwagen kamen beide wieder zu sich und an ihrer Seite saß die junge Retterin. Sie hielt die Hände der beiden und lächelte sie an … dann hielten sie an der Unfallstation.
Die Verletzungen waren zum Glück nicht so ernsthaft, wie die Ärzte zunächst annahmen, und beide wurden bald wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Ihre Retterin konnte nicht ausfindig gemacht werden.
Noch im Krankenhaus, als das Ehepaar zusammen in einem Zimmer lag, hatte die Frau ihren Mann gefragt: „Ist dir etwas an der jungen Frau aufgefallen?“
„Ja, schon“, sagte ihr Mann „sie hatte auf der Spitze ihrer Nase genau das gleiche winzig kleine rote Pünktchen wie unser kleines Mädchen damals.“

Es vergingen einige Jahrzehnte, dann geschah dies:

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1 Kommentar

Diese wunderschöne Weihnachtsgeschichte werde ich mir kopieren und ausdrucken für meinen Weihnachtsordner und zum vorlesen !
Ich wünsche dir eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit,
Romi

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