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150 Jahre alt und trotzdem aktuell: Das Kapital von Karl Marx

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift der IG BAU findet man nicht nur Marx auf der Titelseite und man findet einige seiner Aussagen so gut das man ihn sogar zitiert (siehe Bild). Derselbe Marx der von Ökonomen seit über 100 Jahren immer wiederholt als überholt, antik und wiederlegt bezeichnet wird und auf den trotzdem viele heimlich zurückgreifen.

Und seine Aussagen haben nichts mit der aktuellen Wirtschaftssituation zu tun?

Tarifliche Regelungen - „Das Kapital ist daher rücksichtslos
gegen Gesundheit und Lebensdauer des Arbeiters, wo es nicht
durch die Gesellschaft zur Rücksicht gezwungen wird."

Arbeitsverdichtung - „Du zahlst mir eintägige Arbeitskraft, wo
du dreitägige verbrauchst. Oas ist wider unsren Vertrag und das
Gesetz des Warenaustausches. Ich verlange also einen Arbeitstag
von normaler Länge, und ich verlange ihn ohne Appell an dein
Herz, denn in Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf."

Dumpinglöhne - „Es ist allgemein bekannte Tatsache, dass, je
länger der Arbeitstag in einem Industriezweig, umso niedriger
der Arbeitslohn."

Arbeits- und Gesundheitsschutz
- „Das Kapital fragt nicht nach
der Lebensdauer der Arbeitskraft. Was es interessiert, ist einzig
und allein das Maximum von Arbeitskraft, das in einem Arbeits-
tag flüssig gemacht werden kann."

Mitbestimmung - „Ich will wie ein vernünftiger, sparsamer Wirt
mein einziges Vermögen, die Arbeitskraft, haushalten und mich
jeder tollen Verschwendung derselben enthalten. Ich will täglich
nur so viel von ihr flüssig machen, in Bewegung, in Arbeit umset
zen, als sich mit ihrer Normaldauer und gesunden Entwicklung
verträgt."

Literatur: Der Grundstein, Der Säemann, Zeitschrift der IG Bauen-Agrar-Umwelt, 68. Jahrgang, September 2017

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37 Kommentare

Das Thema des Beitrages lautet: 150 Jahre alt und trotzdem aktuell: Das Kapital von Karl Marx.

Das Erstaunliche an vielen Kommentaren: Obwohl die Schriften von Karl Marx frei und öffentlich zugänglich sind (zum Beispiel hier), machen sich offenbar nur wenige Kommentatoren die Mühe die Werke selbst zu lesen.

Wem die Texte zu lang sind, kann sich ja das kleine Büchlein von Erich Fromm "Das Menschenbild bei Marx" mit den wichtigsten Teilen der Frühschriften besorgen. Ist antiquariusch schon für fünf oder sechs Euro zu erhalten. Oder hier mal reinschauen.

Hier eine Buchbesprechung auf ZEIT-ONLINE vom 3. April 1964, 7:00 Uhr Aktualisiert am 22. November 2012, 6:01 Uhr:

»Um Karl Marx war es nach dem Krieg im westlichen Verlagswesen still geworden. Zu sehr hatte die sowjetische Wirklichkeit seine Lehre bloßgestellt. Inzwischen hat man begriffen, daß die sowjetische Auslegung von Marx sein Bild gefälscht hat, und man kann wieder unbefangen an die machtvolle geistige Erscheinung herantreten, die Kurt Breysig vor vielen Jahren einmal „Kaiser Marx“ genannt hat.

Die Diskussion ist in vollem Gange. Einen wichtigen Beitrag dazu liefert das Buch von Fromm, nicht zuletzt auch für breitere Kreise, die bei der Lektüre betroffen feststellen werden, welchen Irrtümern sie sich ausgeliefert hatten, als sie der vulgären Deutung von Marx erlegen waren.

Fromm reinigt das Bild. Zwei seiner wichtigsten Entdeckungen (oder Wiederentdeckungen) seien hier kurz genannt: Mit einiger Ironie stellt er fest, daß die gängige Beschreibung des historischen Materialismus haargenau auf die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaft des Westens zutrifft. Konformität hat die Individualität ausgelöscht.

Der historische Marx hat nicht gelehrt, das stärkste psychologische Motiv des Menschen sei das Streben nach Geld und materieller Bequemlichkeit; historischer Materialismus bedeutet vielmehr, daß die Weise, in der der Mensch produziert, sein Denken und Wünschen bestimmt.

Marx’ entscheidende Kritik des Kapitalismus trifft nicht die ungerechte Verteilung des Reichtums, sondern die Verkehrung der Arbeit in erzwungene, entfremdete, sinnlose Arbeit, die Verwandlung des Menschen in eine verkrüppelte Monstrosität. Der Staat als Kapitalist, wie in der Sowjetunion, wäre Marx nicht willkommener gewesen als der Privatkapitalist. Wie Kierkegaard ging es Marx um die Erlösung des Individuums. Er wollte die Versklavung des Menschen – des Arbeiters und des Kapitalisten – durch Dinge aufheben, die sie selbst vollbringen.

Marx-Kenner mögen bitte dazu nicht bemerken, dies sei nicht neu. Für Millionen von Menschen, die über Marx jeden Tag lesen, seinen Namen jeden Tag nennen (und meist verfluchen), sind diese Tatsachen durchaus neu. Sie können sie abrunden und vertiefen bei der Lektüre von einigen psychologischen Schriften, die beigefügt sind, und durch Berichte von Freunden über den Menschen Marx. Das Buch ist einer der wichtigsten Schlüssel zur Erkenntnis von Marx. K.K.«

> "Obwohl die Schriften von Karl Marx frei und öffentlich zugänglich sind (zum Beispiel hier), machen sich offenbar nur wenige Kommentatoren die Mühe die Werke selbst zu lesen."

Den Linken ist der Marx doch auch unwichtiger als das Wettern gegen politische Konkurrenz wie der AFD (und haben deren Programm meist auch nicht gelesen ;))

In der Tat, die Frage stellt sich, wie viele Linke haben ihren Marx eigentlich gelesen oder sind zumindest in ihrer Schulzeit mit ihm konfrontiert worden? Was haben sie sonst gelesen, auch an Parteiprogrammen anderer Parteien? Wie interpretieren sie Gelesenes?

Kann man der Einfachheit behaupten, Stalin hätte Marx nur nicht verstanden? Es wäre doch weitaus interessanter , weil uns näher liegender, mal etwas über das (angebliche Miss-) Verständnis des Autoren Marx in der DDR zu lesen, aus deren Staatspartei sich die Linke direkt herleitet!

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