Zaster für die Tafeln
Eine weitere Offensive der Barmherzigkeit
In der Hauptstadt wird in ein paar wenigen Restaurants neuerdings ein extra Euro zugunsten der "Tafel" erhoben, eine altruistische Einrichtung, die Bedürftige gratis mit Lebensmitteln versorgt.
Mir gefällt diese Idee.
Diejenigen, die es sich leisten können und wollen, in gastronomischen Einrichtungen zu verzehren, unterstützen so ganz nebenbei die armen und geschundenen Seelen der Stadt.
Man mag einwenden, dass "Faulheit" nicht noch ermutigt werden dürfe.
Das sehe ich anders. Ja, eine alte deutsche Redewendung spricht vom Glück des Tüchtigen.
Wer sich mit diesen unglücklichen Seelen einmal unterhalten hat, könnte verstanden haben, dass es oftmals keine reine Faulheit ist, die hinter dem Leid steckt.
Wohl dem, der es vermag, differenzierend hinzusehen.
Es gehört aus meiner Sicht zur Entwicklung unserer Zeit, dass die Menschen auf Kooperation umstellen.
Die katastrophalen internationalen Nachrichten, die wir jeden Tag präsentiert erhalten, sprechen eindeutig dagegen, dessen bin ich mir bewusst.
Ich persönlich setze darauf, dass die Kinder der heutigen bis zu Dreißigjähringen eine bessere Welt aufbauen werden.
Verwöhnen wir sie, in erster Linie mit wohlwollender Aufmersamkeit Verschonen wir sie vor Hass-Gedanken.
Für die oben erwähnten katastrophalen internationalen Nachrichten sind die grausamen und hervorragend geschützten Politiker verantwortlich, die Soldaten und das "gemeine Volk" sind gezwungen, die Konsequenzen zu erdulden.
Die barmherzigen Seelen, die es gut finden, leidende Menschen nicht zu verurteilen, sondern ein weiteres Unterstützungsangebot zu machen, haben eine weitere Offensive gestartet.
Gut so. Ich hoffe, sie geben nicht auf.
So sehe ich es, aber vielleicht ist auch Alles ganz anders.
Ich finde Soli-Aktionen, die auch in vielen alternativen Organisationen in der Art stattfinden, sei es bei Beiträgen oder Veranstaltungsfinanzierung, ebenfalls begrüßenswert.
"Wer sich mit diesen unglücklichen Seelen einmal unterhalten hat, könnte verstanden haben, dass es oftmals keine reine Faulheit ist, die hinter dem Leid steckt."
Der Begriff "Faulheit" trifft es meines Erachtens in den wenigsten Fällen. Ein großer Teil der Tafelbesucher*innen sind Bedürftige in Rente, die möglicherweise ein hartes Berufsleben mit schlechtbezahlter Arbeit hinter sich haben, Rentnerinnen die, zumindest wenn sie in der Bundesrepublik groß geworden sind, als Hausfrauen und Familienmütter, mangels Krippe oder Ganztagsschule, nun im Alter das finanzielle Nachsehen haben, körperlich Behinderte oder psychisch Kranke, die konsequent und frühzeitig vom Arbeitsmarkt in eine kaum auskömmliche Rente gedrängt wurden, Alleinerziehende, die es sowieso schwer haben, über die Runden zu kommen und sonstige "arme und geschundene Seelen" von denen Sie sprachen.
Natürlich ist es ein schöner Zug, wenn Menschen noch Mitgefühl haben. Das trägt dazu bei, Arme nicht völlig abdriften zu lassen. Aber es darf nicht vom Wohlwollen Einzelner, abhängen, dass Bedürftige ausreichend versorgt sind.
Es ist vielmehr dringend erforderlich, dass unser Staat hier langfristig und konsequent Verantwortung übernimmt, insbesondere dafür, dass Menschen gar nicht erst in diese Notlage kommen.