Zu Besuch bei den „Royal´ s“: Die Große Königslibelle (Anax imperator) im Zyklus eines Jahres in außergewöhnlichen Bildern
Wenn beispielsweise im britischen Palast des Hochadels von „Lisbeth“ Windsor, im schwedischen Hause Bernadotte oder am spanischen Hofe derer von Borbón oder anderer blaublütiger Zeitgenossen Nachwuchs oder eine Hochzeit ansteht, reisen sogenannte „Paparazzi“ aus aller Welt an, um Aufnahmen zu ergattern, die anschließend für teures Geld an die „Yellow – Press“ - Verlage verkauft werden, welche dann ihrerseits mit diesen exklusiv erworbenen und teils rührseligen Dokumenten ihre Produkte aufpäppeln, die unmittelbar nach Erscheinen aufgrund der angekündigten „sensationellen Bilderfülle“ zumeist von Lesern weiblichen Geschlechts geradezu verschlungen werden.
Nun können wir „Waldschrate“ von uns behaupten, während unserer Freizeitaktivitäten auch eine Art „Paparazzi“ zu sein, obwohl es zu den erstgenannten einige deutliche Unterschiede gibt. Wir bekommen für die Dokumentation der „Königlichen“ wir wie sie kennen kein Honorar, keine festen Zeitvorgaben und benötigen keine Akkreditierung. Ausdauer, Geduld, ein wachsames Auge, eine ruhige Hand, einigermaßen gutes Wetter und last but not least eine Kamera sind die Dinge, die wir brauchen um unsere Art von „Hochadel“ der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Wir nennen diesen Beitrag „Zu Besuch bei den „Royal´ s“: Die Große Königslibelle im Zyklus eines Jahres in außergewöhnlichen Bildern“.
„Ihre Majestäten“ gewährten uns von Mitte April bis Anfang September 2011 in verschiedenen Habitaten häufig ihre Audienzen. In diesem Zeitraum entstand eine Vielzahl von Aufnahmen dieser Edellibellenart.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei meiner Partnerin Heide bedanken, die diese faszinierende Leidenschaft und alle damit verbundenen Strapazen mit mir teilt und neben dem kräftezehrenden Berufsleben unermüdlich in schwierigem Gelände ihre Frau steht. Manche Dokumentationen wären ohne sie nicht zu Stande gekommen.
Einige Bilder der letzten Jahre, die nahezu sämtliche Stadien aus dem Leben der Großen Königslibelle (Anax imperator) mit allen ihren Höhen und Tiefen zeigen, möchten wir Euch, liebe „myHeimatler“ nicht vorenthalten. Mit zum Teil außergewöhnlichen Aufnahmen laden wir Euch nun zu einem kleinen Streifzug durch den Jahreszyklus unseres größten und eines der schönsten in Mitteleuropa beheimateten Insektes ein. Er beginnt mit dem pränatalen Stadium, gefolgt von der Jugendzeit bis zur Blüte des Lebens und endet mit allem irdischen.
Die beigefügten Aufnahmen werden im Folgenden näher erläutert:
Bedingt durch das überdurchschnittlich warme Frühjahr schlüpften die meisten Arten etwa 4 bis 6 Wochen früher als in den Jahren zuvor. So fanden wir bereits Anfang April die ersten Hinweise auf die Anwesenheit der Großen Königslibelle (Anax imperator) in Form von mehreren Exuvien (leeren Larvenhüllen. (Siehe Bild Nr. 1.)) Kurze Zeit später entdeckten wir eine von vielen der mächtigen, fast 6 Zentimeter großen Larven ihrer Majestät. (Bild Nr. 2.) Die unmittelbar folgende Emergenz (Schlupf) wurde während ihrer rund 4 ½ stündigen Dauer mit mehr als 100 Bildern dokumentiert. Die Aufnahmen 2 und 3 sind stellvertretend und zeigen verschiedene Stadien dieses Vorganges.
Foto Nr. 4 zeigt ein frisch geschlüpftes Männchen. Die riesigen Flügel mit nahezu 11 Zentimetern in ihrer Breite sind glasklar und müssen noch trocknen. In einigen Minuten erhebt sich das imposante Tier zum Jungfernflug in die Luft.
Nach der Schlupfperiode kehrt am Gewässer zunächst für einige Zeit Ruhe ein. In den nächsten 2 – 3 Wochen jagen die Tiere während ihrer Reifezeit auf offenem Feld (Bild Nr. 5), um danach, geschlechtsreif zum Gewässer zurückzukehren. Dort übernehmen sie sodann im Revierkampf die Lufthoheit über alle anderen Arten.
Seine königliche Hoheit erweist sich als gnadenloser Beherrscher seines Revieres. Alles in seinem Umfeld vertreibend, wagen sich kaum andere Libellen in seine Nähe. Selbst die anderen großen Edellibellenarten zeigen erst mehr Aktivität, wenn die der Großen Königslibelle merklich nachlässt. Als räuberische „Fressmaschine“ erbeutet Anax imperator alles, wessen er habhaft werden kann. Die Aufnahme Nr. 5a zeigt ein Männchen beim verschlingen einer Heidelibelle. Bild Nr. 6 zeigt ein patrouillierendes Männchen von Anax imperator. Auf Bild Nr. 7 seht Ihr ein Weibchen der Art im Flug. Da die weiblichen Tiere sehr zurückgezogen leben, ist dieses wahrscheinlich auf der Suche nach einen geeigneten Platz zur Eiablage.
Bild Nr. 8 zeigt ein makelloses ausgefärbtes Männchen in einer der seltenen Ruhephasen. Aufnahme Nr. 9 eine Kopfstudie eines Männchens. Man kommt nur mit viel Glück derart nahe an die sehr scheuen Tiere heran. Das Gleiche gilt für die sehr kräftig wirkenden Weibchen der Art. Die Bilder Nr. 10 und Nr. 11 sind daher absolute Raritäten.
Ein weiteres Highlight im Leben eines „Naturpaparazzi“ ist der Zeremonie einer königlichen Hochzeit beizuwohnen. Dieses nur wenige Minuten dauernde Ritual findet in der Regel fern ab von allen Augen in hohen Baumkronen statt. In extrem seltenen Fällen lässt man sich zu Paarung auch mal in dichten Schilfgürteln nieder. In solchen Situationen muss der Fotograf alle Register ziehen, um an sein Dokument zu gelangen: Er muss ins Wasser, darf keine hektischen Bewegungen vollführen und nicht am Schilf wackeln. Es ist klar, dass die Tiere bei der geringsten Störung auffliegen. Jetzt muss er nur noch freie Sicht durch das Schilfdickicht auf die Tiere kriegen, damit die Kamera sich fokussieren kann. Mission impossible – und dennoch machbar, wie Bild Nr. 12 beweist.
Die Aufnahme Nr. 13 zeigt ein Weibchen aus nächster Nähe bei der Eiablage. Die Eier werden in abgestorbene, im Wasser schwimmende Vegetation oder vergleichbare Substrate eingestochen. Diese Prozedur kann sich über mehrere Stunden hinziehen und findet an verschiedenen Orten statt. Diese Situation stellt neben dem Schlupf den für das Weibchen gefährlichsten Lebensabschnitt dar. Zahlreiche im Wasser lauernde Feinde warten oft nur auf diesen Augenblick. Die Weibchen fallen dabei oft Fischen und Fröschen anheim. Siehe Bild Nr. 14. Ein großer Happen für den kleinen Frosch.
Nach diesen anstrengenden Arterhaltungsmaßnahmen gönnen sich die Tiere, auch meist fern aller möglichen Zugriffe, eine kurze Atempause. Die Aufnahmen Nr. 15 und Nr. 16 zeigen Weibchen und Männchen bei diesen Ruhephasen.
Wenn man sich wie wir unzählige Stunden über Wochen und Monate verteilt, im Revier der Imperatoren aufhält, scheinen sich die Riesen an einen zu gewöhnen. Unsere Erfahrung mit diesen Tieren zeigt uns auf, dass man kaum noch als „Eindringling“ oder „Bedrohung“ angesehen wird, wenn man sich geraume Zeit im Wasser stehend aufhält. Dann kommt es manchmal zu Situationen, wie wir selbst kaum nachvollziehen können: Seine Majestät, die Große Königslibelle wird handzahm. Die Bilder Nr. 17 und Nr.18 sprechen für sich.
Gegen Ende des Sommers kommt dann auch in unseren Breiten das Ende der größten Insekten Mitteleuropas. Vorbei ist es mit der Farbenpracht und der Regentschaft über ganze Gewässerabschnitte. Die Tiere haben die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft verbracht. Es kann passieren, dass eine Libelle mitten im Flug abstürzt, ins Wasser fällt und verendet. Nichts lebt ewig! Bild Nr. 19 zeigt ein kürzlich verendetes Weibchen der Art. Doch seinen Daseinszweck hat es mit Sicherheit erfüllt. Im kommenden Frühjahr werden neue Edellibellen seiner Art schlüpfen und der Zyklus beginnt von Neuem.
Liebe Naturfreunde von „myHeimat“. Ich hoffe mit diesem Ausflug in die Welt des „Hochadels des Mikrokosmos“ für ein wenig Kurzweil gesorgt zu haben. Mehr spannende Informationen über das geheimnisvolle Leben der „Juwelen der Lüfte“ erhaltet Ihr kostenlos und unverbindliche bei http://waldschrat-online.de/
Vielen Dank für Eure lieben Text- und Bildkommentare. Ich freue mich über jede einzelne Stellungnahme von Euch. Wenn Ihr Fragen habt, so könnt Ihr sie jederzeit an mich richten. Ich beantworte sie gerne.
Mit naturfreundschaftlichen Grüßen,
Willi, der „Waldschrat“
Hervorragend beschrieben und dokumentiert. Die Bilder sind mal wieder der Hammer!
Gruß Gerd