Willkürliche Regelungen für einen Verkehrsberuhigten Bereich der Innenstadt
Auszüge aus: "Eingabe: Rechtswidrige Verkehrsregelung Bahnhofstraße und ehem. Fußgängerzone” vom 28.10.2013
Mit dem folgenden Text habe ich mich mit einer Beschwerde an die Stadtverwaltung Apolda (Straßenverkehrsbehörde beim FB Ordnungswesen, in Kopie an FB Bau/Straßen) gewandt, und konnte eine gründliche Überprüfung anhand sachlicher und rechtlicher Gesichtspunkte erwarten, sowie eine begründete Entscheidung in angemessener Frist. Das Zitat ist nur um unwesentliche Teile (Anfang, Ende) gekürzt und 2 Schreibfehler bzw. Wortauslassungen wurden korrigiert. Eine erste Antwort erhielt ich bereits: ablehnender Bescheid, der sich in seiner "Begründung" in keinster Weise mit den von mir vorgetragenen sachlichen und rechtlichen Einwänden auseinandersetzt. Jetzt bin ich am Überlegen, was als nächstes zu tun ist.
########## ZITAT auszugsweise ##############
"Ich bitte Sie, die Verkehrsregelung im Abschnitt der jüngst wieder für den Verkehr freigegebenen Bahnhofstraße zwischen Dornburger Straße und Alexander-Puschkin-Platz sowie weiterer Straßen im Bereich des “Verkehrsberuhigten Bereiches” (Zei. 325.1 StVO) zu überprüfen und eine rechtskonforme Anordnung zu treffen. Ich halte die getroffenen Regelungen in ihrer Gesamtheit (mit wenigen Ausnahmen) für rechtswidrig und auch dem Verkehrsaufkommen nicht angepaßt, sodass die Verkehrssicherheit nicht gegeben ist und das von Ihnen angestrebte Ziel nicht erreicht wird.
Bei der ersten Betrachtung und Benutzung der Straße war mir aufgefallen, dass
1.) der mittlere dunkle Pflasterstreifen, von versenkten “Bordsteinen” eingefaßt, den Eindruck einer schmalen, ausgesprochenen “Fahrbahn” (4 Meter breit) vermittelt, zu der parallel “Gehwege” verlaufen,
2.) die markierten Parkflächen nicht sehr zahlreich sind, und nur schmalen PKWs (max. 1,80 Meter innerhalb der farblich abgesetzten Begrenzungssteine) und Zweirädern Platz bieten,
3.) der Richtungspfeil (Zei. 211) an der Einmündung in den Alexander-Puschkin-Platz dem Stadtbus für die Ausfahrt in Richtung Am Brückenborn/Bachstraße keine Ausnahme bietet, und die übrigen Fahrzeugführer irritiert sind, wie weit sie den Platz, der im Gegensatz zur Bahnhofstraße ohne Leitlinien ist, wegen des Verkehrszeichens befahren dürfen bzw. ob sie dort auch außerhalb des eigentlichen Fahrstreifens halten dürften.
4.) wer sich über die Regelungen für Verkehrsberuhigte Bereiche nicht im klaren ist, nimmt aufgrund der Fahrbahngestaltung erstmal an, Fahrzeuge, auch Lieferfahrzeuge und andere Dienstleister dürften den “Gehweg” nicht befahren zum Halten.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, fragte ich erst bei Herrn N. [Straßenverkehrsbehörde] nach, erfuhr dort die Klarheit für mich, dass Fahrzeuge gem. StVO in diesem Bereich prinzipiell die gesamte befahrbare Fläche benutzen dürfen, weil es rechtlich gesehen keine Trennung zwischen Fahrbahn und Gehweg gibt. Dann zog ich die VwV-StVO zurate mit ihren Regelungen “Zu den Zeichen 325.1 und 325.2 Verkehrsberuhigter Bereich”. Daran gemessen, meine ich zu erkennen, dass
- nicht zutreffend ist, von sehr geringem Verkehr auszugehen (Nr. I),
- die Straße nicht durch ihre besondere Gestaltung den Eindruck vermittelt, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr eine untergeordnete Bedeutung hat, sondern eine klare Trennung zwischen schnurgerader, per farbiger Markierung mittig verlaufender Fahrbahn (4 Meter breit) und Gehwegen besteht (Nr. II),
- dass nicht ausreichend Vorsorge für ruhenden Verkehr getroffen wurde (markierte Parkflächen und Parkmöglichkeit in der Umgebung zusammengerechnet) (Nr. III),
- dass entgegen der Vorschrift der VwV-StVO doch die zum Parken bestimmten, markierten Flächen zusätzlich durch Zeichen 314 (und Zusatzzeichen) gekennzeichnet sind, weitere Verkehrszeichen angeordnet wurden (Einbahnstraße Zeichen 220, mit Zusatzzeichen Radverkehr in der Gegenrichtung zugelassen; Vorgeschriebene Fahrtrichtung Zeichen 209; ...) (Nr. V).
Unabhängig davon schätze ich es auch als nicht zweckmäßig für das gesamte Verkehrsgeschehen in der neuzuschaffenden “Zone” ein, insbesondere unter dem Blickwinkel der angestrebten Verkehrsberuhigung, dass Fahrzeugführern, die eigentlich nur ein Ziel in der Bahnhofstraße erreichen wollten, durch die Einbahnstraßenregelung nach der Dr.-Külz-Straße nur noch die Ausfahrt an der Darrstraße eingeräumt wird, und sie so gewissermaßen gezwungen sind, auch noch den Alexander-Puschkin-Platz und die schmale Teichgasse zu durchfahren. Es sollte die Einbahnstraßenregelung in der Bahnhofstraße aufgehoben und ein Wenden und Zurückfahren möglich sein. Vielleicht muß und sollte der gesamte Bereich der ehemaligen Fußgängerzone auch nicht homogen neu geregelt werden, sondern Verkehrsberuhigter Bereich nur für Straßenabschnitte angeordnet werden, wo dies wirklich regelkonform möglich ist. Für den fraglichen Bereich der Bahnhofstraße sollte wegen der nun einmal gegebenen baulichen Gestaltung des Straßenbelages geprüft werden, statt des Verkehrsberuhigten Bereiches eine “Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkung von weniger als 30 km/h” (Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich) anzuordnen (gem. § 45 (1), (1d) StVO).
Es wäre auch förderlich, die Fahrzeugführer durch Beschilderung (Orientierungs-/ Auskunftstafeln) rechtzeitig vor Einfahrt in diesen Bereich die Möglichkeiten zur Nutzung des Bereichs aufzuzeigen: Einfahren, Sackgassen, wo Parken, Ausfahren.
Ich bitte um dringende Bearbeitung dieser Eingabe sowie zeitnahe Entscheidungen zur Beseitigung der rechtswidrigen Regelungen."
############ ZITAT ENDE #################
In dem Abschnitt, den ich dort einleitete mit “Um der Sache auf den Grund zu gehen, ...”, verwende ich die römischen Ziffern I bis IV, womit ich auf folgenden Abschnitt in der Verwaltungsvorschrift verweise:
(Zitat aus der Verwaltungsvorschrift
“Zu den Zeichen 325.1 und 325.2 Verkehrsberuhigter Bereich
1 I. Ein verkehrsberuhigter Bereich kommt nur für einzelne Straßen oder für Bereiche mit überwiegender Aufenthaltsfunktion und sehr geringem Verkehr in Betracht. Solche Bereiche können auch in Tempo-30-Zonen integriert werden.
2 II. Die mit Zeichen 325.1 gekennzeichneten Straßen müssen durch ihre besondere Gestaltung den Eindruck vermitteln, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr eine untergeordnete Bedeutung hat. In der Regel wird ein niveaugleicher Ausbau für die ganze Straßenbreite erforderlich sein.
3 III. Zeichen 325.1 darf nur angeordnet werden, wenn Vorsorge für den ruhenden Verkehr getroffen ist.
4 IV. Zeichen 325.1 ist so aufzustellen, dass es aus ausreichender Entfernung wahrgenommen werden kann; erforderlichenfalls ist es von der Einmündung in die Hauptverkehrsstraße abzurücken oder beidseitig aufzustellen.
5 V. Mit Ausnahme von Parkflächenmarkierungen sollen in verkehrsberuhigten Bereichen keine weiteren Verkehrszeichen angeordnet werden. Die zum Parken bestimmten Flächen sollen nicht durch Zeichen 314 gekennzeichnet werden, sondern durch Markierung, die auch durch Pflasterwechsel erzielt werden kann.”
Diese Dinge sind auch gut nachzulesen (mit Erläuterungen und Kommentaren) bei www.bernd.sluka.de/Recht/StVO-VwV/. Bei ihm kann man auch die VwV in einer älteren Fassung nachlesen: www.bernd.sluka.de/Recht/StVO-VwV/StVO-VwV.alt.txt
Jedenfalls ist solche Verwaltungsvorschrift unmittelbar geltendes Recht für die Behörden, also auch für die Stadt Apolda, und von sämtlichen zuarbeitenden Architekten, Ingenieuren und Planern zu berücksichtigen, wäre also im Zweifel auch durchsetzbar. Ich streite für rechtssichere, praktische Lösungen. Was wir jetzt vorfinden, und was lt. Planung noch (um-)gebaut werden soll, ist das ganze Gegenteil.
Nachtrag vom 04.12.2013: 2011 redete man noch ungeschminkt
Entgegen den jetzt abgegebenen Erklärungen der Straßenverkehrsbehörde hat eine redaktionelle Veröffentlichung im "Amtsblatt der Stadt Apolda 08/11" (PDF-Dok.)
bereits wissen lassen, wie alles wirklich gemeint ist, nämlich, dass keineswegs einzig eine "Mischverkehrsfläche", ohne jegliche Trennung in Fahrbahnen und Gehwege (=Verkehrsberuhigter Bereich), gebaut und ausgeschildert werden sollte. Es heißt dort wörtlich (Auszug):
"Die rund 4,75 Meter breite „Flanierzone“ auf der Ostseite teilt sich laut Vorplanung in einen aktiven und passiven Bereich. Ersterer dient weiterhin als Fußweg, auf letzterem sollen Bäume, Bänke sowie Auto- und Fahrradstellplätze ihren Platz finden. Dem dann wieder fließenden Verkehr bleibt eine Breite von 3,50 Metern. Die Westseite der Bahnhofstraße bleibt Fußgängern vorbehalten. Durch unterschiedliche Oberflächengestaltung werden die Gehwege und die Mischverkehrsfläche deutlich voneinander unterscheidbar gemacht: So soll der Fahrbereich Großpflaster erhalten, der Fußwegbereich mit großformatigen Platten belegt werden. Natursteinborde und ein Höhenunterschied von etwa zwei bis drei Zentimetern sollen zusätzlich die Bereiche zwischen Fußgängern und motorisiertem Verkehr trennen."
Dort stand kein Wort von "Verkehrsberuhigtem Bereich" (Zeichen 325.1 StVO) drin! Warum wohl? Man wollte erstmal Tatsachen schaffen! Die sind aber doch nicht unumstößlich!
Danke, liebe Kornelia, für die ermunternden Worte. Zu Deiner Rückfrage, ob die wohl mein Anliegen verstanden haben: das denke ich schon; es kamen zwei Seiten Antwort von Frau F., Leiterin des Fachbereichs Ordnungswesen. Im Kern bezog sie sich darauf, dass ich mich in meiner ausführlichen Begründung "an der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (orientiere). Viele Regelungen der Verwaltungsvorschrift dienen durch Worte wie 'sollen', 'können', 'in der Regel' als Orientierung für die ausführenden Behörden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann davon abgewichen werden."
Inwiefern sie bewußt abgewichen sind und aus welchen Gründen, das beantwortet sie nicht. Der Kern meiner Einwände, die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Einbahnstraße und der Verkehrszeichen, die über die Fahrbahnmarkierung hinaus den ruhenden Verkehr regeln, wurde also in der Antwort überhaupt nicht berührt.
Für die ortskundigen Apoldaer, die hier vielleicht mitlesen (werden) vor allem sei gesagt, vor vielleicht 10 Jahren wurde bereits im ersten großen Verkehrsberuhigten Bereich genauso entgegen aller Vorschriften gehandelt. Es geht um den Bereich ab Stadthaus, über Brückenborn, Jenaer Straße, Brauhof, Schleiergasse, übern Markt bis in die Straße des Friedens. Auch dort hat man die rechtswidrigen Verkehrszeichen und -regelungen installiert, gibt es die eindeutige bauliche Trennung zwischen Fahrbahnbereichen und Gehwegen, und dass die Parkflächen dem Bedarf in keinster Weise genügen, sehen wir tagtäglich von früh bis spät am viel befahrenen und zugeparkten Brauhof, wo klar Parkverbot gilt (vor Commerzbank und so weiter im rund bis Stadthausrückfront).
Weitere Details erspare ich an dieser Stelle der Öffentlichkeit, nur so viel noch: wieso ließ man nicht Radverkehr gegen die Richtung der Einbahnstraße in der Jenaer Straße zu? Heutzutage muß nach Vorschriften jedes Verbot von gegenläufigem Radverkehr in Einbahnstraßen gut begründet sein. Ich wüßte keinen.