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AWO-Veranstaltung am Internationalen Frauentag
„Die Pflege ist weiblich – und die Altersarmut auch“

Um „Frauen in der Pflege“ ging es beim Internationalen Frauentag der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Aichach. Dazu gab es eine Diskussionsrunde im TSV Re(h)staurant, an der rund 30 Interessierte teilnahmen und sich mit vielen Wortbeiträgen einbrachten.

Warum die AWO den Internationalen Frauentag mit einer Veranstaltung begeht, erklärte AWO-Ortsvereinsvorsitzende Kristina Kolb-Djoka. Marie Juchacz, Sozialdemokratin und eine der ersten Frauen in der Weimarer Nationalversammlung sowie im Reichstag, hatte 1919 die Arbeiterwohlfahrt gegründet und sich lebenslang für die Rechte der Frauen eingesetzt. Was sie wohl heute dazu sagen würde, dass die Mehrheit der in der Pflege Arbeitenden weiblich ist? „88 Prozent der häuslichen Pflege und 85 Prozent der stationären Pflege in Deutschland werden von Frauen geleistet“, so Kristina Kolb-Djoka.

Stefan Hintermayr, der u.a. das AWO-Heim in Aichach leitet, meinte, Pflege sei zwar immer noch überwiegend ein Frauenberuf, doch es habe sich auch einiges gewandelt. „Früher war ich der einzige Mann im ganzen Haus – das ist heute nicht mehr so.“ Generell jedoch kämen junge Männer eher weniger auf die Idee, in die Pflege zu gehen. „Das hat sich noch verschärft, seit es keine Zivildienstleistenden mehr gibt“, bekräftigte der Leiter des Heilig-Geist-Spitals Hans Eberle. Da sei doch früher der eine oder andere „hängengeblieben“. Dennoch habe sein Haus einen männlichen Mitarbeiteranteil von 30 Prozent.

Problem ist der Fachkräftemangel
Insgesamt macht den Heimen aber weniger die Genderproblematik zu schaffen, sondern die fehlenden Fachkräfte. Das liege laut Stefan Hintermayr weniger an der Bezahlung als viel mehr an den Arbeitszeiten. So sei es für Mütter von kleinen Kindern oft schwierig, Familie und Schichtdienst unter einen Hut zu bekommen. Und auch wenn die AWO kostenlose Kindergartenplätze zur Verfügung stelle: „Die Kindergärtnerin in der Regel auch eine Frau.“

Auch für Lolita Höpflinger, Leiterin im Haus an der Paar, ist die Kinderbetreuung ein Knackpunkt. „Wir versuchen, unsere Dienstpläne an die Bedürfnisse von Müttern anzupassen, damit sie möglichst in den Beruf zurückkehren können.“ Sie sieht jedoch eine fehlende Bereitschaft in der Politik, auf berufstätige Frauen Rücksicht zu nehmen – zum Beispiel wenn der Kindergarten in den Ferien vier Wochen schließt. Ihre Mitarbeiterin Viola Walburg, Mutter eines Kindergartenkindes, hat in ihrer Gemeinde bereits entsprechende Erfahrungen gemacht: „Es ist schon mehrmals passiert, dass die Kindergartengruppe wegen der Erkrankung einer Kindergärtnerin schließen musste. Als ich den Bürgermeister darauf ansprach, durfte ich mir anhören: Ja müssen Sie denn arbeiten?“ Da fehle noch vielerorts die Einsicht in die Notwendigkeit dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Ihr Fazit: „Zurück in die Vollbeschäftigung scheitert an der fehlenden Kinderbetreuung – mit Folgen für die Zukunft der Frauen. Altersarmut ist weiblich!“

Frauen brauchen flexible Arbeitszeiten und verlässliche Kinderbetreuung
Alle Leitungen versuchen inzwischen, mit flexiblen Arbeitszeiten und kürzeren Diensten auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen. Auch können, wie etwa im Haus an der Paar, die Kleinkinder teilweise mitgebracht werden, wenn der Kindergarten geschlossen ist; oder die Grundschulkinder kommen nach dem Unterricht ins Pflegeheim. „Was übrigens auch unseren Bewohnerinnen und Bewohnern gefällt!“

Einig sind sich auch alle, dass mehr ausgebildet werden muss. Die generalistische Ausbildung von Krankenpflege, Kinderpflege und Altenpflege, wie sie seit drei Jahren in Bayern besteht, wird allerdings kritisch gesehen: „Wer in der Langzeitpflege arbeitet, trägt mehr Verantwortung. Das scheuen viele und entscheiden sich dann lieber für die Kinder- oder Krankenpflege“, meint Lolita Höpfinger. Sie erzählt auch, dass männliche Azubis vor allem aus dem Ausland kämen. „Wir bekommen vermehrt Ausbildungsanfragen zum Beispiel aus Marokko, Tunesien etc.“ Was vielleicht auch daran liege, dass kaum ein Ausbildungsberuf besser bezahlt wird: „1.200 Euro im ersten Ausbildungsjahr – und 100 Prozent drauf, wenn man aus einem anderen Beruf umschult.“ Auch das Einstiegs-Bruttogehalt von etwa 3.100 Euro sei gut und mit dem eines ausgelernten Mechanikers zu vergleichen.

Ein weiteres Indiz für den Pflegenotstand liefert Bezirksrat Volkmar Thumser, ebenfalls Diskussionsteilnehmer. Er beobachte seit etwa zwei, drei Jahren, dass für den Bezirk die Kosten in der Pflege nicht mehr steigen. Nicht, weil es weniger Pflegebedürftige gebe, sondern weil die Pflegeplätze aufgrund von Fachkräftemangel nicht mehr zur Verfügung stehen.

Eine schnelle Lösung ist wohl nicht in Sicht, wie auch Kristina Kolb-Djoka in ihrem Schlusswort sagte. „Die Pflege ist weiblich und wird es wohl noch länger bleiben. Um für die Frauen etwas zu verbessern, müsste an den Stellschrauben Arbeitszeiten und Kinderbetreuung gedreht werden.“ Und bei letzterer ist nicht zuletzt die Politik gefragt.

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1 Kommentar

Kommentar wurde am 11. März 2023 um 13:53 editiert

Ein interessanter, wenn auch trauriger Beitrag.
Die Zivis waren einmal sehr gut, auch für deren menschliche Bildung.
Junge Menschen mit dem tatsächlichen Leben vertraut zu machen und das Alter Wert zu schätzen, dafür wird gar nichts getan.
Ein gesellschaftliches Problem und man bekommt schon Angst alt zu werden und vielleicht Hilfe zu benötigen.

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