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In Faßberg sind die Franzosen bestens integriert

  • Problembehebung am französischen Tigersimulator.
  • hochgeladen von Matthias Blazek

Franzosen in Faßberg? Was tun sie dort, wie leben sie? Fragen über Fragen, die sich mancher stellen mag, der davon erfahren hat. Die deutsch-französische Ausbildungseinrichtung Tiger hat nun einen neuen Chef. Grund genug also, einmal nachzufragen.
Xavier Fontanie sitzt mit seinen Arbeitskollegen im Speisesaal am Tisch. Er trägt wie die Kollegen Soldatenuniform, allerdings die französische. Das Essen schmeckt.
Die drei unterschiedlichen Mahlzeiten wirken vom Namen her etwas befremdlich. Da kann auch keine noch so gut gemeinte Übersetzung helfen. „Irish Stew“ ist doch etwas zu unsicher. Lieber kein Risiko eingehen. Das Putenschnitzel schmeckt auch gut.
Um Punkt 11.30 Uhr hat sich bereits die Schlange an der Essenausgabe gebildet. Schnell ist der Saal gefüllt. Man sitzt zusammen mit Leuten, die man kennt, die man mag oder mit denen man zusammenarbeitet. Nach Nationalitäten getrennt. „Bonjour à tout le monde. Ça va?“ „Ça va. Merci. Et vous?“ Smalltalk. „Allen einen guten Tag, wie geht’s?“ „Gut, danke. Und Ihnen?“ Die Basis ist geschaffen, es kann losgehen. Deutsch-französische Zusammenarbeit kann jetzt problemlos gelebt werden.
Ein freundliches Lächeln liegt im Gesicht von Xavier Fontanie, als er Rede und Antwort steht. Der 34-Jährige ist seit zwei Jahren hier, er ist wie die Meisten verheiratet und hat ein Kind. Er ist 1,75 Meter groß, schlank und hat kurzes, dunkles Haar. Er stammt aus Dax im Südwesten Frankreichs. Sein Dienstgrad: Adjudant, Feldwebel.
In seinem Team versteht man sich gut, man lacht miteinander. Dienstliches ist auch bei Tisch immer wieder gegenwärtig. Ein Kamerad hält sich sein Handy ans Ohr. Ein Klingeln war nicht zu hören. „Allo? Allo?“ Die Ehefrau. Die Verbindung bricht aber ab. Mehrfach hintereinander. Man wendet sich wieder der Gruppe zu.
Es sind 39 Franzosen mit ihren Familien, die ihren Dienst in Faßberg leisten. Mit allen Vorzügen, die ihnen die französische Armee gewährt. Ein spürbares Plus bei den Auslandsdienstbezügen macht den Auslandsaufenthalt angenehm. Wer einmal hier war, möchte gerne wiederkommen.
„Was macht ihr hier nach Dienst?“, wird Eric Landreau auf Französisch gefragt. „Dann sind wir zuhause bei unseren Familien“, antwortet er. Vereinsmäßig seien die Franzosen hier insbesondere dem Sport zugewandt. Landreau spielt Badminton im Verein. Und gerade in diesem Moment seien Deutsche und Franzosen gemeinsam auf Kanutour unterwegs, sagt er. Deutsch-französische Freundschaft wird in Faßberg gelebt.
Auch die französischen Frauen engagieren sich. Wenn es die Erziehung der Kinder zulässt, begegnet man ihnen in den Sportvereinen oder als helfende Hände bei Schulveranstaltungen. In den Wohnvierteln finden sich deutsche und französische Familien gelegentlich zu geselligen Anlässen zusammen. Sie pflegen dann gute Nachbarschaften.
In der Gaststätte „Faßberger Pub“ von Lema Gkounas, besser bekannt als „Angie“, ist man dann abends gerne zuhause. Kommen neue französische Offiziere, so heißt es, dann müssen diese bei Angie erst einmal eine Lokalrunde schmeißen.
Und am Tage? Tagsüber arbeiten die Franzosen gemeinsam mit deutschen Soldaten in der deutsch-französischen Ausbildungseinrichtung Tiger (DFAT). Diese seit 2003 bestehende binationale Ausbildungseinrichtung als Teil der Technischen Schule der Luftwaffe 3 umfasst lediglich eine Luftfahrzeughalle, drei Gebäude und einen französischen Sanitätsbereich. Etwa 75 Soldaten, davon 39 aus Frankreich, arbeiten hier zusammen. Und das Objekt der Begierde ist der Tiger, ein deutsch-französischer Kampfhubschrauber des Hubschrauberherstellers Eurocopter. Anfangs galt er als reiner Panzerabwehrhubschrauber und wird heute allgemein als Unterstützungshubschrauber bezeichnet.
Die Franzosen bleiben etwa drei bis vier Jahre in der Südheide, wie beispielsweise Tony Babarro. Er ist vor drei Jahren hier angekommen, verheiratet und hat zwei Kinder. Sie besuchen die Krippe in Poitzen. „Manche Kinder sprechen besser Deutsch als ihre Eltern“, sagt er mit Blick auf die deutschen und französischen Unterrichtseinheiten. Er selbst hatte vor Jahren einen dreiwöchigen Sprachkurs am Sprachenamt in Straßburg und später einen vierwöchigen Kurs am Goethe-Institut in Hamburg besucht.
Eric Landreau hat es heute ein wenig ruhiger. Morgen soll eine Besuchergruppe aus Viertklässlern aus Soltau kommen. Die Gruppe hat die Flugplatzfeuerwehr und die deutsch-französische Ausbildungseinrichtung im Visier. Landreau steht den Deutschen sehr positiv gegenüber, und zwar aus mehreren Gründen. Die Zusammenarbeit macht Spaß, man versteht sich gut. Seine Ehefrau ist deutsch, mit ihr hat er das Kind Yannick. Er mag leckeren Heidschnuckenbraten, deutsches Bier, allen voran Bitburger, beim Ratzeputz streikt er aber. Dann schon lieber einen Heidegeist, sagt er. Er liebt das hohe Freizeitangebot in der Region, die Feste, Veranstaltungen, Konzerte, Flohmärkte. All das trägt zu seinem guten Gefühl, in der Fremde zu sein, bei.
Faßbergs Bürgermeister Hans-Werner Schlitte freut sich über die guten Beziehungen zum französischen Militär: „Wir pflegen sehr gute Kontakte“, sagt er. Besonders lobt er die Kooperation mit Schule und Kindergarten, die gemeinsamen Veranstaltungen und den engagierten Einsatz von Patenfamilien, die die Neuankömmlinge begleiten und unterstützen. Erfolge seien beim gemeinsamen Sport- und Kunstunterricht der französisch- und deutschstämmigen Kinder zu sehen. „Da kommt es nicht so sehr auf die Sprache an“, begründet Schulleiterin Heike Conrads die Fächerwahl. „Es ist kein bilingualer, sondern ein binationaler Unterricht“, sagt sie.
Jedes französische Kind bekommt gleich nach der Einschulung einen deutschen Partner an die Hand, der ihn während der gesamten Schulzeit begleitet. „Daraus haben sich schon manche Freundschaften entwickelt“, freut sich Conrads. Zum Teil würden auch Schlafpartys veranstaltet, was die Beziehungen noch verfestige. Heike Conrads freut sich, dass die Schule vom Kultusministerium als Schule mit besonderer Fremdsprachenarbeit ausgezeichnet worden sei.
Die französischen Schülerinnen und Schüler singen gemeinsam mit denen der 4. Klasse sogar gemeinsam in einem deutsch-französischen Schulchor. Einmal in der Woche studieren sie dann deutsche und französische Lieder ein. Da singen sie beispielsweise „Alouette, gentille Alouette“ (Lerche, liebe Lerche), in Frankreich ein recht bekanntes Lied und in Müden inzwischen sehr gerne gesungen. Den Chor gibt es seit neun Jahren, er wird von Roselyne Blanchard und Ingelore Holste geleitet. „Vite, vite, vite“, unterbricht Madame Blanchard das Gespräch. Die Kinder müssen einmal zur Ordnung gebeten werden. Ein „Chanson de l’année“, ein Lied des Jahres, gebe es auch: „Jetzt geht’s los – On y va“. „Nous chantons des chansons où il n y a pas trop de paroles.“ Die Lieder dürfen also nicht zu schwer sein, nicht zu viel Text haben. Aber immerhin haben die Kinder auch „Die Forelle“ von Schubert auf Deutsch und Französisch im Repertoire, so Blanchard.
Und König Fußball? Man blieb einige Zeit im Rennen, trotz einer traurigen 0:2-Niederlage gegen Schweden. Aber nach einem 0:2 gegen Spanien mussten die Franzosen wieder zurückreisen. Der Stimmung tut’s keinen Abbruch, der Dienst geht weiter. Sicherlich wäre man gerne noch bis zum Schluss dabei geblieben. „Es war eben nur ein Spiel“, resümiert Inspektionschef Commandant Olivier Sitara.
Am 28. Juni war Kommandoübergabe. Oberstleutnant Peter Ebert wurde durch Lieutenant-colonel Paul-Christophe Morsch als Bataillonskommandeur von DFAT und sein Stellvertreter, Lieutenant-colonel Stéphane Siess, durch Major Franco Lazzaro ersetzt.
Der Dienst geht für die Franzosen wie gewohnt weiter – in der Mitte ihrer deutschen Freunde.

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