Johann Christoph Bührke aus Steimke und Anna Ilse Möhring aus Gannerwinkel büßen 1818 auf dem Galgenberg bei Celle für ihre Mordtat
Dass in Celle noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts die schlimmsten Formen der Hinrichtung zur Anwendung gekommen sind, ist bekannt. Und wenn die letztmalige Anwendung der eisernen Keulen zuletzt 1828 in Göttingen geschah, so lag das letzte Beispiel dieser martialisch anmutenden Methode selbst in unserer allernächsten Nachbarschaft nur wenige Jahre weiter zurück, und zwar 1818.
Die Geschichte:
Im Jahre 1817 wurde vor der Königlichen Justizkanzlei zu Celle der Prozess gegen Johann Christoph Bührke (Bühren) aus Steimke und die Witwe Anna Ilse Möhring, geb. Cordes, aus Gannerwinkel (bei Wittingen) geführt. Johann Christoph Bührke hatte am 5. Mai 1817 den 67 Jahre alten Ehemann der Möhring, den Rademacher und Brinksitzer Johann Friedrich Möhring, erschossen. Die mit ihm heimlich liierte Möhring hatte ihn angestiftet. Bührke wurde sofort, die Möhring am 8. Mai vom Amt Knesebeck, das auch die Untersuchung führte, verhaftet.
Noch am letzten Tag des Jahres gab die Justizkanzlei ihr Plädoyer beim Prinzregenten ab. Am Schluss des immerhin 203 Seiten starken Berichtes stellte sie die gesetzmäßige Höhe des Strafmaßes fest, und zwar, dass Bührke, „ihm selbst zur wohlverdienten Strafe, andern aber zum Schrecken und Abscheu, durch Zerschmetterung seiner Glieder mit eisernen Keulen von oben herab, vom Leben zum Tode zu bringen, sein Körper aber auf das Rad zu flechten sei“. Die Anstifterin sollte das gleiche Schicksal erdulden, vorher aber den Vollzug der Strafe an dem Todesschützen beobachten.
Prinzregent Georg erteilte kaum drei Wochen später die landesherrliche Genehmigung und Bestätigung des zuerkannten Strafmaßes. Gleichzeitig wurde der Justizkanzlei schriftlich verdeutlicht, weshalb man hier von dem Grundsatz der Urteilsvollstreckung am Ort des begangenen Verbrechens abweichen wollte. Zum einen wollte man die Kosten einer Verlegung einsparen, zum anderen hielt man für angemessen, eine Exekution wie die gegenwärtige bevorzugt „und mit eiserner Ordnung, an einem mit Garnison belegten Orte, als auf dem platten Lande“ vorzunehmen.
Die Verurteilten ließen in der folgenden Zeit Begnadigungsgesuche einreichen, die von ihren Verteidigern aufgesetzt worden waren. Aus Hannover wurde aber signalisiert, dass „in einem völlig ähnlichen Falle“, nämlich der Untersuchungssache gegen den Tagelöhner Bartels und die Witwe Otten, auf des ersteren nachgesuchten Begnadigung „die Höchste Willensmeinung“ Seiner Königlichen Hoheit des Prinzregenten gewesen sei, „daß ein solcher Mörder der Landesherrlichen Gnade durchaus unwürdig zu achten sey“.
Dennoch wurde die Hinrichtung verzögert: Die Einwohner der damaligen Blumlage wandten sich nämlich gegen die Vollstreckung der Todesstrafe gegen die Delinquenten auf dem bisherigen Richtplatz. Die Gemeinde Blumlage suchte am Ende erfolglos um eine Verlegung der Gerichtsstätte nach. Allerdings sollte die Wiederherstellung des Hochgerichts auf dem niedrigeren südlichen Teil des Galgenberges erfolgen.
Die Hinrichtung des Mörderpaares wurde auf den 5. Mai 1818 terminiert. Danach sollten beide aufs Rad geflochten werden. Die beiden dafür gebrauchten Räder sollten zur Abschreckung aufgerichtet werden.
Alles wurde haarklein zu Protokoll gebracht. Der 20-seitige Bogen zeigt das große Interesse an der theatralisch aufgezogenen Veranstaltung, die im Altenceller Feld unweit der Blumläger Kirche ihren unrühmlichen Ausgang fand. Die mannstark aufgebotene militärische Bedeckung, die Bevölkerung, die Pastoren, die Celler Ratsherren: Sie alle müssen für immer bleibende Eindrücke von dem Spektakel ein Leben lang mit sich herumgetragen haben.
Die starke militärische Bedeckung war wegen des bereits erwarteten ungeheuren Volksandranges notwendig gewesen. Um den Zug der Delinquenten vom Gefängnis, dem so genannten Weißen Haus am Neumarkt in Celle, zum peinlichen Halsgericht und von da zur Richtstätte vor dem Andrang des Volkes zu sichern und überhaupt bei der Handlung selbst Ruhe und Ordnung zu erhalten, waren laut Protokoll 100 Mann Infanterie vom Landwehrbataillon Celle, eine Abteilung Kavallerie vom Gardekürassierregiment, bestehend aus 24 Mann, und ein Kommando Landdragoner von 15 Mann angefordert worden.
Alles verlief minutiös genau. Um neun Uhr wurden die Todeskandidaten abgeholt und zum Rathaus geführt. Dort befand sich das mit Brettern verschlagene und mit einer Treppe versehene Gerüst für das Halsgericht. Darauf stand ein kleiner Tisch, hinter welchem die Beamten der Burgvogtei Platz nahmen. Auch das Magistrats-Personal war zugegen.
Hier wurde den Angeklagten noch einmal der Schuldspruch mitgeteilt, ehe sich die Menschenmenge, von den Männern der jeweiligen Stadtteile bewacht und eskortiert, in Bewegung setzte, um Celle durch das Altenceller Tor zu verlassen.
Dem Hospital Sankt Georg gegenüber zweigte der Weg von der Blumlage über das Feld nach dem Galgenberg ab. Dort verweilte die Delinquentin Möhring, weil sie von der Schärfung, die Hinrichtung ihres Mitschuldigen mit anzusehen, laut obrigkeitlicher Weisung befreit worden war.
Bei der Ankunft des Delinquenten im Kreis und zwar neben dem Kreuz, auf welchem seine Glieder zerschmettert werden sollten, wurde derselbe nochmals von dem Pastor Eggers durch religiöses Zureden zu seinem nahen Ende vorbereitet, ihm auf sein ausdrückliches Verlangen der 903. Gesang aus dem Lüneburgischen Gesangbuch vorgelesen und, indem er niederkniete, der Segen erteilt.
Kaum hatte sich der Prediger entfernt, so wurde der Delinquent durch die hinzugetretenen Nachrichterknechte auf dem Kreuz niedergelegt, ihm die Augen verbunden und sodann die Glieder mit eisernen Keulen von oben herab zerschmettert. Der Leichnam wurde, nachdem ein Nagel durch den Kopf geschlagen war, auf die Seite gelegt und mit einem Laken bedeckt.
Ebenso verfuhr man im Anschluss mit der Delinquentin Möhring, die von Pastor Johann Heinrich Christian Keil begleitet worden war.
Beide Delinquenten bezeugten sich laut Protokoll vor ihrem Tode sehr still und ruhig, „nur schien die Möhring mehr Fassung zu behalten, als Bührke“. Die Strafe wurde allerdings nicht in ihrer ganzen Grausamkeit ausgeführt. Sie wurden, nachdem sie auf kreuzweise gelegten Hölzern auf der Erde befestigt waren, durch einen Schlag auf die Brust getötet, und dann erst zerschlug man ihnen die Glieder – von oben herab. Vorher sollen sie zudem von einem Scharfrichterknecht mit einer Schnur stranguliert worden sein.
Weiter heißt es, dass ihr Tod „äußerst schnell“ vonstatten gegangen sei. Von Seiten des Nachrichters Funke und dessen Knechten sei kein Fehltritt geschehen. Die Leichname wurden dann der Vorschrift gemäß auf das Rad geflochten.
All das liegt nicht einmal 200 Jahre zurück, es geschah direkt vor unserer Haustür. Akteure waren alle: sowohl die Angeklagten als auch die Richter, das Wachtpersonal, das Militär, der Nachrichter und die stark interessierte Bevölkerung.
Alle Beteiligten des 5. Mai 1818 werden ihre eigenen Erkenntnisse aus diesem fragwürdigen Spektakel mitgenommen haben. Burgvogt Georg Klare selbst hatte der Hinrichtung nicht beigewohnt, weil es ihm von seinem Arzt, Hofmedikus Dr. Ludwig Andreas Koeler (1773-1836), übrigens einem Ehrenbürger der Stadt Celle, abgeraten wurde. Das Ritual selbst war bereits Jahrhunderte alt gewesen, das theatralisch dargebotene und mit „herzerschütternd“ charakterisierte peinliche Halsgericht im Ort selbst, das mit dem Zerbrechen des Stabes einen ersten Schlusspunkt im Leben der Angeklagten setzte.
Recht makaber, aber so war es nun mal.