Stefan Noelle - Wie es mich zieht

14. Oktober 2023
20:00 Uhr
Kulturhaus Kresslesmühle, 86150 Augsburg

Großer musikalischer Reichtum eines Liedermachers versammelt auf einer CD mit vielen Kolleginnen und Weggefährten

Stefan Noelle ist ein kreatives Chamäleon. Der Münchner Liedermacher steht nämlich schon seit Jahrzehnten als Schlagzeuger in unterschiedlichsten Formationen auf den Bühnen dieser Republik. Mehr als 35 Kolleginnen und Weggefährten hat er nun auf seinem zweiten Album „Wie es mich zieht“ versammelt, das am 23. September 2022 erscheint. Wenn man deren Namen liest, klingt das ein bisschen wie das „Who is Who“ der Besten aus Bayern, darunter die erfolgreiche Weltmusikformation Quadro Nuevo, der Filmmusik-Komponist Gerd Baumann („Dreiviertelblut“), die Songwriterin Vera Klima oder der legendäre E-Bassist Wolfgang Schmid.
Rausgekommen ist dabei ein abwechslungsreiches, dynamisches und mehrdimensionales Liedermacher-Album, das mal nach Pop, mal nach Folk oder Country klingt und hier und da auch den Jazz streift. Ob Harfe oder Hammond, ob Banjo oder Barock-Laute – Stefan Noelle lässt die Instrumente seiner Gäste in ausgefeilten Arrangements leuchten.
Seine farbenfrohe Musik füllt er mit einer bildhaften, poetischen Sprache. Textlich mag er es lieber leise als laut, lieber selbstironisch als boshaft, lieber fein als grob. Als aufmerksamer Chronist des Alltags besingt er Sehnsucht, Süßigkeiten oder auch Waschmaschinen, teils mit ganz eigenem Humor, aber immer „sprachlich-musikalisch so bezwingend wie kaum ein anderer“ (SZ). Mehr als einmal wurde er mit Reinhard Mey verglichen. Dazu passt, dass Noelle es versteht, auch ernste Themen wie den Kriegsschutt im Münchner Olympiapark oder die Vereinnahmung typisch deutscher Eigenschaften wie Pünktlichkeit samt der Liebe zu Bratkartoffeln durch Rechtsradikale mit sprachlicher Leichtigkeit anzugehen.
Live gelingt es Stefan Noelle, den musikalischen Reichtum des Albums im Quartett auf die Bühne zu bringen: Max Braun sorgt an Bassklarinette und Altflöte für samtige Noten, Adrian Reiter setzt seine trockene Country-Gitarre dagegen, während der junge venezolanische Bassist Wilbert Pepper ein virtuos groovendes Fundament darunter legt. Aber auch im Trio, Duo oder gar solo ist dem Publikum mit Noelle ein abwechslungsreicher und poetischer Abend sicher.

Pressestimmen:

Man muss lange nachdenken, will man auf deutsche Lieder kommen, die ähnlich in der Schwebe bleiben zwischen Ein- und Zweideutigkeit, zwischen Ernst und Hochkomik, zwischen intellektuellem Sprachspiel und lyrischer Emotion. (SZ)
Stefan Noelle ist Gentleman, fabelhafter Musiker allemal, positiver Schöngeist, Meister der Sprache, elegant, charmant, tiefgehend. (Der Neue Tag)
Eine tadellose Melange aus zeitgemäßen Lied-Chanson-Texten und homogen-perfekten Arrangements. (Jury „Preis der deutschen Schallplattenkritik“)
Mit sehr viel Gefühl in der Interpretation und starken, fein geschliffenen Worten, nicht abgehoben und immer authentisch aus dem Herzen ... (Augsburger Allgemeine)
Weitere Infos folgende Seite
Stefan Noelle - Wie es mich zieht
Das Album eröffnet mit dem Titelsong Wie es mich zieht, einem poppigen Uptempo-Liebeslied, das jeglicher Depression trotzt. Jan Eschkes Orgel umwirbelt das Duett von Noelle und seiner Songwriter-Kollegin Vera Klima, das am Ende in eine sehnsuchtsvolle Outro mündet.
Ich bin noch da - eine Selbstbetrachtung aus dem ersten Pandemie-Herbst 2020 – ist auch zwei Jahre später noch aktuell. Lakonisch, fast geläutert im Ton, mit Fragezeichen, aber trotzdem hoffnungsvoll. Hier sorgen Dreiviertelblut-Mastermind Gerd Baumann und seine Tourband für eine Pop-Ballade mit großem Atem.
Einige von Stefan Noelles Liedern hören sich vor allem für alle 60er Jahrgänge an wie eine authentische Zeitreise in die eigene Kindheit und Jugend. In Damals auf’m Dorf finden wir uns in Kirchen mit harten Bänken wieder, verlieren uns träumend in Sonnenkringeln, die vor den Fenstern tanzen, oder schnuppern die auf dem Dachboden ausgebreiteten Äpfel. Aber Noelle entgeht der Versuchung, die Vergangenheit romantisch zu verklären: Der Nachbar kippt sein Altöl in den Wald und das Kölnisch Wasser der Großtanten sorgt für Übelkeit. Am Piano die Münchnerin Andrea Hermenau („Die Drei Damen“).
Eine Momentaufnahme beim Joggen, das Betrachten eines Eichhörnchens – und plötzlich tut sich eine fast philosophische Tiefe auf. Vielleicht auch, weil die Oud des syrischen Virtuosen Abathar Kmash nach großer weiter Welt, nach fernem Osten klingt. So erlebt und aufgeschrieben hat Noelle das zwei Tage nach dem Bataclan-Attentat in Paris 2015.
Die vorletzte Waschmaschine meines Lebens ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Noelle aus Alltagserlebnissen augenzwinkernde Gedankenfäden spinnt. E-Bass-Legende Wolfgang Schmid lässt seinen berühmten funky Plektrum-Bass am Anfang mächtig knacken.
Einer musikalischen Liebeserklärung gleicht Mon Cheri, die wunderbarste Süßigkeit, kandiert wie eine Tanzschul-Rumba aus den späten 50ern. Christian Ludwig Mayers Akkordeon-Solo perlt wie Kirschen ins Ohr.
Noelles Liebe zum Schnee dagegen klingt orchestral, groß und weit, wie ein unendliches, lang erwartetes weißes Meer, in das sich Kind und Kegel mit viel Elan und Groove stürzen, so wie viele von uns heute in die Hoffnung auf eine bessere Welt. Streicher und Posaunen erinnern an die Karl-May-Filmmusiken aus jener Zeit, als es die „weiße Pracht“ noch gab.
Und wie überlebt man einen siebenmonatigen Lockdown? Mit schrulligem Naturerleben wie dem Herausbrechen von Totholz im Garten, mit der Vision von knacksender Percussion und einer tief grummelnden Kontra-Altklarinette.
Klischeehaft typisch deutsches wie Pünktlichkeit oder Bratkartoffelliebe entdeckt Stefan Noelle bei sich selbst, weigert sich aber in Muss ich jetzt was sagen? diese Eigenschaften vom rechten Rand vereinnahmen zu lassen. Ein deutliches politisches Statement, flankiert vom Country-Banjo seines langjährigen Bühnenpartners Alex Haas.
Ein spätsommerlicher Nachmittag mit Kuchen – und dann kommen sie in Scharen, die Septemberwespen. Phobie wandelt sich hier durch das Bewusstsein der Vergänglichkeit in Mitleid. Ein melancholisch-atmosphärischer Song mit offenen Akkorden, jazzig interpretiert mit Sopransax (Hugo Siegmeth) und Barock-Laute (Axel Wolf).
Der Vergänglichkeit steht die Idee der Ewigkeit gegenüber. Doch Noelle belegt in sieben kurzen Episoden: Die Ewigkeit lügt. Harfe, Kontrabass und Akkordeon von Quadro Nuevo verweben sich mehr und mehr mit den Strophen, bis Mulo Francel zu einem seiner einfühlsam-virtuosen Tenorsax-Solos ansetzt. Dass es sich bei der Aufnahme um die letzte dieses Ensembles mit der langjährigen Harfenistin Evelyn Huber handelt, wirkt angesichts des Titels wie eine Ironie des Schicksals.
Keineswegs schicksalhaft, sondern menschengemacht sind Kriegsfolgen. In Stefan Noelles Nachbarschaft schlummern Die Trümmer dieser Stadt im Inneren des Münchner Olympiaparks, er setzt ihnen ein Denkmal und überrascht mit der musikalischen Leichtigkeit, in die er dieses ernste Thema kleidet.
Leichtigkeit atmet auch Warme Nacht in München, Noelles Hommage an das Lebensgefühl dieser Stadt mit Eisbachsurfern, der Isar und einem Bier auf dem Geländer der Hackerbrücke. Ein swingendes Ständchen wie aus einer anderen Zeit, aufgenommen noch vor Corona und Ukraine-Krieg, mit Geige und Blechbläsern der Unterbiberger Hofmusik.

Bürgerreporter:in:

Anna Pichlmeier aus Augsburg

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