Kolumne
Über den Justizfachangestellten
Der Justizfachangestellte ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Da er in der Öffentlichkeit so ziemlich unbekannt ist, soll er hier zunächst einmal kurz vorgestellt werden.
Justizfachangestellte erledigen organisatorische und verwaltende Büroarbeiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Sie verwalten Akten, berechnen Fristen, erledigen den Schriftverkehr und beglaubigen Schriftstücke.
Ob Zivilprozess, Zwangsvollstreckung, Vormundschaft oder Register - Justizfachangestellte übernehmen organisatorische Aufgaben in den unterschiedlichsten Fachgebieten. In Gerichtskanzleien oder sogenannten Serviceeinheiten verwalten sie Akten zu gerichtlichen Vorgängen. Außerdem arbeiten sie den Richtern und Rechtspflegern zu. Sie berechnen Fristen, die sie vermerken und überwachen. Dabei greifen sie auf ihr juristisches Fachwissen zurück und orientieren sich an Gesetzen und Vorschriften. Müssen Termine unbedingt eingehalten werden, bedeutet dies für sie, selbst unter Zeitdruck exakt zu arbeiten.
Daneben bearbeiten sie den Posteingang, sortieren neue Schriftstücke der Akte zu, leiten diese weiter oder bearbeiten sie eigenständig. Justizfachangestellte führen je nach Arbeitsort und Fachgebieten zudem Karteien und Dateien wie Eigentümerdateien (Grundbuchverwaltung) oder Handelsregister. Im Handelsregister beispielsweise nehmen sie Änderungen, Löschungen oder Neueintragungen vor. Darüber hinaus fertigen sie Schriftstücke am Rechner, beglaubigen und versenden diese. Justizfachangestellte bereiten Termine vor und organisieren die Ladung der Beteiligten vor Gericht. Dabei legen sie auf Anweisung des Rechtsanwalts bzw. der Rechtsanwältin oder des Notars bzw. der Notarin Akten zur Einsicht vor. In Verhandlungen und bei Vernehmungen führen Justizfachangestellte das Protokoll und berechnen nach Abschluss des Verfahrens die angefallenen Gebühren. Sie teilen die Rechnungsforderung schriftlich mit, verfolgen die Zahlungsvorgänge und archivieren die vollständigen Akten nach Verfahrensende. In Serviceeinheiten an Amtsgerichten laufen alle Arbeitsabläufe zusammen. Hier erteilen Justizfachangestellte schriftliche oder telefonische Auskünfte. Daneben sind sie auch direkte Ansprechpartner für Rat suchende Bürger.
Daß es BerufeNet, KursNet sowie die Jobbörse gibt, ist dem vertrauten Leser ja bekannt.
(fiktiver Text)
Gestatten: Agnes-Amalia mein Name. Ich bin die Führende Justizfachangestellte bei uns in Odenbach.
Daß ich diesen Beruf überhaupt kenne und ihn ergriffen habe, dafür ist mein Vater verantwortlich. Er war Kleinkrimineller, müssen Sie wissen, Schwarzfahren, Hehlerei, Diebstahl, Verkehrsdelikte, Beamtenbeleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und solcher Kleinkram.
Papa stand deswegen sehr oft vor Gericht. Er kannte bal jeden Richter und jeden Staatsanwalt persönlich. Und fragte eines Tages, ob ich nicht eine Ausbildung zur Justizfachangestellten machen wolle. "Ja, aber warum denn?" fragte ich ihn. "Damit du den Schriftverkehr mit mir fälschen kannst."
Das leuchtete mir ein. Ich war seine vielen Gefängnisaufenthalte satt und wollte ihn endlich für mich haben. Also fälschte ich meine Bewerbungsunterlagen, Textergebnisse, Arbeitsvertrag sowie Einstellungsunterlagen.
Als ich meine Ausbildung antreten wollte, frage mich der Personalchef:
Wer sind Sie?
Agnes-Amalia, die neue Azubiene.
Wir haben keine Lehrlinge eingestellt. Wir haben einen Einstellungsstopp.
Da konnte ich ihm meine (gefälschten) Einstellungsunterlagen präsntieren. Der Mann so überrascht (auch von der Qualität meiner Arbeit und meiner Fingerfertigkeit, wie sich im Nachhinein herausstellte), daß er mich trotzdem anfangen ließ.
Sie haben Talen, junge Frau. Wir können Sie gebrauchen. Vor allem bei Strafsachen. Wie sollen Straftäter ansonsten ins Gefändnis kommen.
Diesen Gedankengang verriet er mir erst später. Es gibt ja viele Leute, bei denen man weiß: Die sind schuldig. Kann es aber nicht beweisen. In diesen Fällen komme ich zum Einsatz. Bei Urkundenfälschung, Beleidigung, Hochstapelei oder Amtsanmaßung. Da habe ich schon so manches Dokument entdeckt, das die Übeltäter ins Gefängnis brachte - ohne mich wären die Leute freigesprochen worden.
Und mein Vater? Der konnte so manchen "Deal" aushandeln. Ich helfe dem Staatsanwalt (manchmal auch Papa). Und der Herr Sltaatsanwalt drückt dann beide Augen zu...
Der (fiktive) humoristische Bericht der erzählenden "Azubiene" mit ihrem mangelnden Rechtsempfinden und ihrer fehlerhaften Rechtschreibung, stellt die Seriosität des anfangs beschriebenen Berufsbildes schon arg in Frage:-).