Und einen Sachsensumpf gibt es doch … | Politik | Recht

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Im DPV Deutschen Presse Verband e. V. (www.dpv.org) als freier Journalist organisiert und zudem bei BCC Business Crime Control e. V. (www.businesscrime.de) gegen Wirtschaftskriminalität engagiert, hat Erich Neumann die Geschichte eines Mannes (B.) und seiner Ehefrau recherchiert, die ihr Vertrauen in den Rechtsstaat und der Glaube an eine funktionierende Justiz in Deutschland an den Bettelstab gebracht haben.

Vorgeschichte: mit dem 1. 1. 1992 wurde B. nach vorheriger Abteilungsleitertätigkeit bei einer Sparkasse in Bayern Vorstand einer Sparkasse in Ostsachsen.
Dort lernte er einen aus Stuttgart über Schweinfurt und Leipzig gekommenen Heizungsunternehmer W. und seine tschechische Ehefrau kennen.
Ende 1992 wurden von den beiden Ehefrauen (B. und W.) vier große Häuser in Görlitz zum Zweck der Sanierung, Bewirtschaftung und Steuerersparnis in einer Grundstücks-GbR erworben.

Fördergebietsgesetz und Kreisgeschäft: um den aus völlig anderen Gründen nicht funktionierenden Aufbau Ost voranzubringen, erlaubte die damalige Regierung Kohl im Fördergebietsgesetz die steuerliche Abschreibung von Zahlungen ohne vorherige gewerbliche Leistung, ein grober Fehler und in handwerklich extrem schlechtes Gesetz. Noch 1992 zahlten die Eheleute B. aufgrund Vorauszahlungsrechnung 160 TDM an die Einzelfirma des W., die auch steuerlich anerkannt wurden.

1993, das Fördergebietsgesetz galt noch, ließ B. sich von Frau W. 250 TDM geben und händigte diese dann seiner Frau aus, welche das Geld in zwei Teilbeträgen an die GmbH des W. und eine weitere Firma deren Inhaber W. war, überwies. Vereinbart war, dass damit B.’s Schuld getilgt sein sollte, denn gebaut sollte erst aus der Finanzierung der Grundstücks-GbR werden, da diese 250 TDM aus einem zweckgebundenen Kredit der Eheleute W. stammten. Auf diese Weise sollte ein abschreibungsfähiger Zahlungsfluss nach Fördergebietsgesetz entstehen. Dass dieses Vorgehen legal und keine Steuerhinterziehung war, hat der BFH mittlerweile entschieden (AZ IX R 33/03 BFH).

Der erste Betrug: leider waren die Geschäftspartner von B. alles Andere als zuverlässig und von guter Bonität. Zwei Häuser mit 2.000 m² Mietfläche konnten nicht finanziert werden, gingen 1996 an die Verkäufer zurück und wurden von Anderen gekauft und saniert. Noch während die Verhandlungen über die Rückabwicklung liefen, kündigte W. per Fax Rechnungen über 255 TDM (ohne dass dafür Leistungen erbracht worden wären) an und verlangte mit einstweiliger Verfügung – ohne Anhörung von B. – eine Teilrückzahlung von 130 TDM aus den bereits getilgten 250 TDM. Ein Ansinnen, das das Landgericht Görlitz nach Verhandlung zurückwies (2 O 0134/96 LG Görlitz).

Was bedeutet schon ein Urteil? Nur neun Monate nach diesem Urteil trat W. einen Teilbetrag von 148 TDM an eine weitere eigene Gesellschaft (GmbH) ab, die inzwischen umfirmiert ist und von den tschechischen Eltern von W.’s Ehefrau gehalten wird. Nachdem B. aus seiner Wohnung in einem älteren Haus, das danach unbewohnt war, auszog, wurde dort ein Briefkasten angebracht und vom späteren Zeugen A. mit dem Namen von B. beschriftet. Dorthin ließ W. einen Mahnbescheid über 60 TDM und die GmbH Mahnbescheide über 130 TDM und 9 TDM zustellen die, nachdem B. von der Existenz des Briefkastens nichts wusste, rechtskräftige Titel wurden. Die Ehegatten W. “sammelten" nun mit diesen Titeln zunächst Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, um diese dann gebündelt dem Gerichtsvollzieher zu übergeben und damit an nur einem Tag das gesamte Vermögen der Eheleute B. zu blockieren. So sollten diese abwehrunfähig gemacht werden.

Dagegen kann man doch klagen! Ja, schon, aber ... während die Verfahren laufen, bleiben die einmal erreichten Titel vollstreckbar. So wurde weiter gepfändet, obwohl Verfahren liefen. Natürlich verliert ein Bankmanager so erst seinen Ruf und dann seinen Beruf. Der Titel zu 9 TDM wurde vom AG Löbau aufgehoben, die Aufhebung wurde vom LG Görlitz bestätigt. Der ist erledigt, aber....

Der Titel zu 60.000,00 DM: das LG Görlitz hob richtigerweise diesen Titel auf. Die Ehefrau W. bringt nun die Zeugen K. und P., die unterschriftlich fingierte Bauleistungen von 920.172,00 DM bestätigen und die Zeugen S. und H., die sogar eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Es gibt aber keine Baugenehmigung, keine Bauleitererklärung, keine Fachunternehmererklärungen, keine Stundenzettel, keine Materialscheine, keine Abnahme, auch keine denkmalschutzrechtliche Genehmigung oder Abnahme, keine Sozialversicherungsnachweise und keine Baurechnung. Von Nachweisen wie Berufshaftpflicht, Eintragung in die Handwerksrolle, Angabe der Steuernummer keine Spur. Der Vorsitzende Richter am OLG Dresden ist sachkundig, er war Dozent der Architektenkammer. Dennoch hebt das OLG Dresden das Urteil des LG Görlitz auf und setzt den Titel wieder in Kraft. Begründung: das Fördergebietsgesetz erzwinge für die Abschreibung abgeleistete Bauleistungen – eine eindeutig falsche Auslegung, so falsch, dass es jeder begreift, der auch nur lesen kann. Dies hat der BFH bestätigt (Az.: IX R 33/03). Durch das Urteil kommt W. aus der Untersuchungshaft wegen Betruges frei.

Der Titel zu 130.000,00 DM: auch den hebt das LG Görlitz richtigerweise auf. Aber in Dresden gehen die Uhren anders. Ein altgedienter Senatsvorsitzender – mittlerweile in Ruhestand – der es eigentlich besser wissen müsste und sein Senat, heben die Entscheidung des LG auf, verweisen zurück. Grund: das LG hat die Beweisaufnahme im Parallelverfahren benutzt, dies ist unzulässig, es muss eine eigene Beweisaufnahme durchgeführt werden. Der Titel ist wieder in Kraft, es wird weiter gepfändet. Das LG Görlitz führt diese Beweisaufnahme durch und hebt den Titel erneut richtigerweise auf.

Pfändung ohne Titel: B. kennt W.. B. informiert daher alle infrage kommenden Gerichtsvollzieherverteilerstellen durch Übersendung einer Kopie des Urteils von der Aufhebung des Titels. Ein bayerischer Gerichtsvollzieher aus der Oberpfalz kümmert sich nicht darum. Er bricht B.s’ Haus auf, nimmt einen Konzertflügel, einzelangefertigte Möbel und eine Antiquität mit. Zum begleitenden Polizisten sagt er: “er wisse, dass der Titel aufgehoben ist, dies störe ihn aber nicht, weil ihm nur eine Kopie und keine Ausfertigung vorliegt“.

Eine Erinnerung gegen die Art der Vollstreckung wird vom AG Cham nicht termingerecht behandelt. Der Gerichtsvollzieher – durch die Erinnerung nicht mehr zuständig – führt die Vollstreckungshandlungen dennoch fort: In einem kleinen Ort an der tschechischen Grenze – so klein, dass die Kommune nicht einmal eine eigene Homepage hat – versteigert er die Gegenstände, die vorher in der Zeitung falsch beschrieben wurden, in einer Lkw-Garage. Die Versteigerung beginnt eine halbe Stunde vor dem veröffentlichten Termin.

Den Konzertflügel ersteigert die Frau eines Religionslehrers und Mutter einer damals 15jährigen Tochter für 3.100 DM, sie wohnt nur ein paar 100 m über die Felder vom Gerichtsvollzieher entfernt – auf dem Land kennt man sich. Wiederbeschaffungswert: 55 T€. Die Antiquität erhält für 700 DM der örtliche Repräsentant einer pfingstlerischen Sekte, er war als Vollstreckungshelfer vom Gebot kraft Gesetzes ausgeschlossen, darf dennoch ersteigern. Schon 25 Jahre vor der Versteigerung wurden B. für dieses Stück 40 TDM geboten. Die einzelangefertigten Möbel erhalten die Eheleute W. unter Befreiung von der Zahlung.

Anzeige gegen den Gerichtsvollzieher: wird eingestellt. Frau B. wird daraufhin wegen Falschbeschuldigung vor Gericht gestellt. Ein Richter mit Rückgrat spricht sie frei – auch so etwas gibt es. Das OLG München entscheidet später: der Gerichtsvollzieher hat sich nicht strafbar gemacht.

Der Titel zu 130.000,00 DM: das OLG Dresden – wieder unser erfahrener Vorsitzender Richter – setzt den Titel nachträglich wieder in Kraft und hebt die Entscheidung von Görlitz erneut auf. In der Begründung heißt es:

».... es kommt nach Auffassung des Senats auch nicht entscheidend darauf an, dass die Klägerin nicht plausibel erklären konnte, wofür die Überweisungen an die beiden Firmen des W. im Einzelnen gedacht waren und dass die Klägerin bis heute keine schlüssige Rechnung in Höhe von 250 TDM vorgelegt hat.«

Der OLG-Senat in Dresden schwingt sich zum Gesetzgeber auf, erfindet die „rechtsgrundlose einklagbare Forderung“. Künftig kann also Jeder von Jedem jeden Betrag verlangen, ohne einen Grund dafür angeben zu müssen!

Die Erinnerung gegen die Art der Zwangsvollstreckung wird daraufhin zurückgewiesen.

Der BGH: B. geht zum BGH. Dieser hebt das Urteil des OLG Dresden auf, verweist aber zur weiteren Beweisaufnahme zurück. Zusätzlich teilt der BGH im Urteil – ohne dass ihm dies vorgelegt war – auch gleich mit, dass auch das Urteil des OLG Dresden über den Titel zu 60 TDM falsch ist. Grund: wenn der Kläger als Grund für die Zahlung Bauleistungen behauptet, muss das Gericht Beweis erheben, ob gebaut wurde.

Der Präsident: nach der Rückverweisung landet der Fall auf dem Tisch des damaligen Vizepräsidenten und jetzigen Präsidenten des OLG Dresden. Er führt – kaum anders zu sehen, als wohl nur zum Schein – ein Verfahren. Die von B. benannten Zeugen – nämlich den Bauträger, der die Objekte später wirklich für andere saniert hat – lädt er nicht. Wohl aber die vom Kläger benannten Zeugen. Die erforderlichen Dokumente für den Beweis von Bauleistungen verlangt er aber nicht. Er vernimmt aber auch diese Zeugen nicht. Er lässt sie zwar anreisen, bewilligt ihnen Entschädigung auf Kosten von B., lädt sie aber vor der Aussage wieder ab. Es bleibt nur der Schluss: damit sie nicht im Verhör widerlegt werden können. Dann fällt er – nachdem er nicht Beweis erhoben hat! – ein Beweislasturteil und schließt eine erneute Revision zum BGH aus.

Ist es der Dank dafür, dass er von der sächsischen Justiz und Politik vom Vizepräsidenten zum Präsidenten des OLG Dresden befördert wird? Inzwischen sind eine Reihe weiterer, ähnlich gelagerter – und wohl nur als Fehlentscheidungen des Herrn Präsidenten zu sehende – Fälle, mit denen auch andere Menschen vernichtet wurden, durch den BGH aufgehoben (AZ II ZR 236/07, II ZR 1/00, II ZR 239/05, V ZR 213/03 und VIII ZR 99/99).

Die Staatsanwaltschaft die Generalstaatsanwaltschaft: bis hierher hat B. in der Sache in Bayern und Sachsen seit 1996 insgesamt 37 Strafanzeigen gestellt. Anklagen: zwei; Verurteilungen: keine; drei Klageerzwingungen: sinnlos. Akteneinsichten zeigen, insbesondere bei Zeugen und deren falschen Aussagen, keine oder kaum Bearbeitung. Eingang der Anzeige, vier Wochen liegen lassen, einstellen. Die Generalstaatsanwaltschaften Dresden und Nürnberg bestätigen diese Maßnahmen der Staatsanwaltschaften Görlitz und Regensburg. Dienstaufsichtsbeschwerden an die jeweiligen leitenden Oberstaatsanwälte bleiben erfolglos. Eine Notarurkunde, die gravierende Aktenverfälschungen (nachträgliches Einfügen von Dokumenten, falsches Datum) beweist, liegt vor.

Die Anklage: die Eheleute W. werden letztlich doch angeklagt, wegen versuchten Prozessbetruges. Schon die Anklageschrift ist auf Freispruch ausgelegt und beschäftigt sich in weiten Teilen mit der angeblichen Steuerhinterziehung (was falsch ist, BFH IX R 33/03) von B.. Urteil: Freispruch. Der Richter schließt sich dem Zivilurteil an, dessen Entstehen durch Prozessbetrug er hätte überprüfen sollen, übernimmt dabei die Feststellungen des OLG Dresden. Eine Überprüfung sieht anders aus.

Das Restitutionsverfahren: kurz vor Ablauf der Fünfjahresfrist erhält B. neue Beweise. Eine Urkunde, von Ehefrau W. selbst unterschrieben, enthält eine Zahlungsanweisung, die die Richtigkeit der Zahlung der Eheleute B. beweist. Eine zweite Urkunde gleichen Inhalts, unterschrieben von W., taucht auf, wieder eine entsprechende Zahlungsanweisung. Die Stadt Görlitz bestätigt, dass keinerlei Voraussetzung für Bauleistungen bestanden haben, kein Baubeginn und keine Baubeendigung gemeldet und keinerlei Genehmigung erteilt wurde. Das Elektroversorgungsunternehmen bestätigt, dass die Elektroanlage erst vom Nachbesitzer angemeldet und für ihn abgenommen wurde. Die “Zeugin" W. erweist sich als nicht glaubwürdig: Polizei, Notar und Gericht haben mittlerweile drei verschiedene Geburtsdaten von ihr festgestellt. Eine klare Sache? Nicht für das OLG Dresden. Das Urteil des Herrn Präsidenten sei nicht erschüttert und ist deshalb nicht aufzuheben. Natürlich wird die Revision ausgeschlossen, obwohl dies nicht zulässig ist, weil das OLG Dresden in der Restitution 1. Instanz ist.

Neueste Entwicklungen: der Zeuge A.: der, welcher durch die Briefkastenbeschriftung die Vollstreckungen ermöglicht hat, sagt falsch aus: Bauleistungen für 500 TDM gesehen zu haben. Er ist selbst Jurist. Er spricht von einem Foto, das B. gemacht haben soll, das ihn im Heizraum vor Pufferspeichern zeigte. B. stellt eine Anzeige wegen falscher uneidlicher Aussage, die laut Akteneinsicht ohne jede Bearbeitung eingestellt wird.

Die Staatsanwaltschaft erhebt aber Anklage gegen B., wegen des Fotos. Sie legt ein Beweisfoto vor, das den Zeugen A. nicht im Heizraum vor Pufferspeichern, sondern außerhalb des Heizraums hinter einem Heizkessel zeigt. Der Zeuge A. bestätigt, dass dies nicht das Foto ist, von dem er gesprochen hat. Dennoch wird B. verurteilt. In der Begründung heißt es:

» und seine (B.) Hemmschwelle, den Eheleuten W. auch durch Straftaten zu schaden, gesunken ist ...«

Um die Eheleute W. geht es in diesem Verfahren nicht, sondern um den Zeugen A. und seine Aussagen. Die Staatsanwaltschaft ist in die Berufung gegangen, ihr reicht das Strafmaß nicht. Im März 2009 ist Berufungsverhandlung in Görlitz.

Der Schaden der Eheleute B. bisher insgesamt rund 2.000.000,00 €.

So zeigt sich der deutsche Rechtsstaat und schafft selbst die Voraussetzung für nur ein Fazit: das ist ein deutscher (Un-)Rechtsstaat.

http://justizversagen.de

Bürgerreporter:in:

Erich Neumann aus Kempten

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