Germering ist gut positioniert - Ein Interview mit Oberbürgermeister Dr. Peter Braun

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germeringer: Wie würden Sie selbst Ihr Amtsverständnis beschreiben? Sehen Sie sich eher als Moderator, leitender Angestellter der Germering AG, Vorstandsvorsitzender eines modernen, kundenorientierten Dienstleistungsunternehmens oder Chef der Stadtverwaltung?
Dr. Peter Braun: Die Aufgaben eines Oberbürgermeisters sind vielfältig. Er ist Mitglied des Stadtrates und leitet dieses Gremium. Er bereitet - natürlich mit Unterstützung und nach Vorarbeit der Verwaltung - die Sitzung vor, beruft sie ein und leitet sie. Zugleich ist der Oberbürgermeister Chef der Stadtverwaltung. Ferner vertritt er die Stadt. Er repräsentiert sie, schließt in ihrem Namen Verträge und vertritt sie bei staatlichen Behörden. Er ist hilfsbereiter Ansprechpartner für jede Bürgerin und jeden Bürger, die Anliegen haben, und verständnisvoller Gesprächspartner für Vereine, Organisationen und Einrichtungen der Stadt.

germeringer: Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer hat einmal gesagt, dass "die Verwandlung des Amtes durch den Menschen etwas länger" dauere als "die Verwandlung des Menschen durch das Amt". Welche Veränderungen haben Sie bisher an sich selbst festgestellt? Hat sich im Lauf der Jahre Ihr Amtsverständnis verändert?
Dr. Peter Braun: Die grundlegenden Aufgaben des Oberbürgermeisters haben sich im Lauf der Jahre nicht geändert. Die Schwerpunkte der Amtstätigkeit verändern sich mit geänderten Rahmenbedingungen im Land oder der individuellen Situation der Stadt. Finanzielle Konsolidierung, Ortsentwicklung, konkrete Projekte: Mal steht das Eine, mal das Andere im Vordergrund. Der Bürgermeister muss bereit sein, auf Anliegen einzelner Bürger einzugehen, aber auch gelegentlich für notwendige unpopuläre Entscheidungen in der Öffentlichkeit gerade zu stehen. Sicher ändert sich im Lauf von Jahrzehnten ein Amtsinhaber wie jeder Mensch. Ich möchte es aber anderen überlassen zu beurteilen, ob und welche Veränderungen sie bei mir und meiner Amtsführung festgestellt haben.

germeringer: Wenn Sie auf Ihre bisherige Amtszeit zurückblicken: Welche positiven Entwicklungen haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Rathauschef auf den Weg gebracht? Welche politischen Erfolge können Sie vorweisen? Dr. Peter Braun: Der Erhalt und der weitere Ausbau der hervorragenden Infrastruktur im sozialen und kulturellen Bereich sowie der technischen Infrastruktur in schwierigen Zeiten. Mehrere Kinderkrippen, Horte und Kindergärten wurden errichtet oder ausgebaut. Die Germeringer Insel ist ein fester Bestandteil unseres sozialen Lebens. Mit Hilfe der von der Stadt gegründeten Wohnungsbaugesellschaft wurden Wohnungen für das "Betreute Wohnen" und im Einheimischen-Modell geschaffen. Germering ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort geworden, die "weichen" Standortfaktoren werden von den Betrieben und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschätzt. Die Freizeiteinrichtungen konnten bis jetzt erhalten werden. Germering ist ein begehrter Wohnort.

germeringer: Kommen wir zu den einzelnen Politikfeldern und beginnen mit der Finanzpolitik. Die Haushaltslage der Großen Kreisstadt Germering ist nach wie vor angespannt. Im Vergleich zu anderen bayerischen Kommunen wie Gersthofen oder Neusäß weist Germering laut der Haushaltsstatistik des Jahres 2005 mit einer Pro-Kopf-Verschuldung - ohne Stadthalle - von 787,03 Euro einen relativ hohen Wert auf. Welchen Rang nimmt die Konsolidierung der städtischen Finanzen in Ihrer politischen Prioritätenliste ein?
Dr. Peter Braun: Die von Ihnen genannten Kommunen zählen offenkundig zu den "gut betuchten". Im Landesdurchschnitt stellt sich die Lage etwas anders dar. Zum Stichtag 31. Dezember 2004, zu dem sich die Pro-Kopf-Verschuldung Germerings - ohne Eigenbetriebe - auf die zitierten 787,03 € belief, lag der Landesdurchschnitt bei 681,00 €. Dennoch sind die Weichen in Richtung Haushaltskonsolidierung gestellt. Der Stadtrat hat dazu ein umfassendes Programm beschlossen, das seit 2004 schrittweise umgesetzt wird und auch bereits Wirkung zeigt. So wird die Verschuldung bis zum Ende dieses Jahres auf 525,00 € pro Kopf und bis Ende des Finanzplanungszeitraumes 2009 auf 435,00 € pro Kopf zurück geführt sein. Dieses Konsolidierungsprogramm betrifft alle Bereiche des städtischen Handelns und umfasst auch schmerzliche Eingriffe. Dennoch ist es gelungen, die umfassende Infrastruktur unserer Stadt zu bewahren und, wenn sich keine wesentlichen Verschlechterungen im Einnahmenbereich oder bei den von der Stadt zu leistenden Umlagen - zum Beispiel Kreisumlage, Solidarumlage - ergeben, zu sichern.

germeringer:Wie kann angesichts des allgegenwärtigen Sparzwanges doch noch genügend Geld für die notwendigen Investitionen bereitgestellt werden?
Dr. Peter Braun: Ich habe bereits auf das vom Stadtrat beschlossene Konsolidierungsprogramm verwiesen. Eiserne Ausgabendisziplin und Beschränkungen auf das "Kerngeschäft" schaffen auch wieder finanzielle Spielräume, die vor allem in den Zuführungen vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt Ausdruck finden. Dies ermöglicht vor allem Investitionen im Bereich der Kinder- bzw. Schülerbetreuung, also bei den Pflichtaufgaben der Stadt. So werden wir heuer beispielsweise eine neue Kinderkrippe schaffen und Einrichtungen für einen Ganztagszweig an der Hauptschule Wittelsbacherstraße sowie einen Hort in diesem Bereich in Angriff nehmen.

germeringer: Ein wesentliches Kennzeichen einer effektiven Standortpolitik ist eine vorausschauende Gewerbepolitik. Wie ist der Stand der Dinge bezüglich des Gewerbegebietes "Germeringer Norden"?
Dr. Peter Braun: Für das Gewerbegebiet "Germeringer Norden" laufen derzeit die Bauleitplanverfahren sowie das Umlegungsverfahren. Ich gehe davon aus, dass diese Verfahren Ende dieses Jahres, spätestens aber im Frühjahr 2007, abgeschlossen werden können.

germeringer: Ein besonders heikles kommunalpolitisches Thema in Germering ist in diesem Zusammenhang "die Umwandlung des Bannwaldgrundstücks in eine Gewerbefläche". Wie lässt sich hier ein Ausgleich zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen herstellen? Welche Haltung nehmen Sie zu dem Antrag der Bürger/innen, "erneut in eine Beratung über die räumliche Stadtentwicklung mit dem Ziel einzutreten, den Bannwald zu erhalten und das Planungsverfahren für die Ausweisung einer Gewerbefläche südlich der Waldstraße, östlich der Spange, einzustellen" ein?
Dr. Peter Braun: Der Stadtrat hat sich bereits in seiner Sitzung am 31.01.2006 mit dem Antrag der Bürger/innen-Versammlung befasst. Dieser wurde mit einer äußerst knappen Mehrheit abgelehnt. Ich persönlich habe für den Antrag gestimmt. In der Debatte kam erneut und sehr deutlich zum Ausdruck, dass Befürworter und Gegner jeweils gute Gründe für ihre Entscheidung anführen können. Aber dieser Planungsprozess steht erst am Anfang. Falls förmliche Bauleitplanverfahren eingeleitet werden, erfolgt ein Abwägungsprozess. Der Stadtrat wird dabei größte Sorgfalt walten lassen. Der Ausgang dieses Prozesses ist aus meiner Sicht durchaus offen.

germeringer: Wenn Sie noch einen kleinen Ausblick wagen. Im Jahr 2008 finden in Bayern Kommunalwahlen statt. Treten Sie erneut als OB-Kandidat an?
Dr. Peter Braun: Ich kann nicht mehr kandidieren. Im Jahre 2008 werde ich 67. Das Bayerische Kommunalwahlrecht schreibt vor, dass Oberbürgermeister bei Beginn der neuen Amtszeit - das ist der 01. Mai 2008 - noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben dürfen. Am 30. April 2008 wird daher meine etwa 21-jährige Amtszeit als Bürgermeister und Oberbürgermeister enden.

germeringer: Herr Dr. Braun, vielen Dank für dieses Gespräch.

Bilder: Redaktion u. Stadt Germering

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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