Neu in der Kamerasammlung: Meopta Flexaret IVa
Ein anderer (damals unerfüllbarer) Traum eines jungen Hobby-Fotografen war eine zweiäugige Spiegelreflex (heute kurz und knackig TLR, Twin Lens Reflex, genannt). Die Produkte des Braunschweiger Herstellers Rollei, fast bis heute noch der Inbegriff einer TLR, waren als ausgewiesene Profi-Kameras jenseits aller finanziellen Möglichkeiten; nicht viel günstiger war die 1958 herausgebrachte und bis 1986 gebaute Yashicamat, ebenso wie die Mamiya C330. Irgendwie keine Alternative war die chinesische Seagull - dann lieber keine. Ja und dann fiel mir kürzlich in der E-Bucht mal eine Meopta Flexaret, mir bis dato völlig unbekannt, für richtig wenig Geld auf. Eine kurze Recherche im Netz ergab, dass die Flexaretten damals im Ostblock die ewig zuverlässigen Arbeitstiere der Profis waren - in der Zeit, bevor es die Pentasix gab. Und weil mir das Design dieser Kamera unheimlich gut gefiel, schlug ich kurz und trocken zu ...
Wenige Tage später rief meine Frau im Büro an: "Da ist ein Paket für Dich gekommen." "Ja", sagte ich, "wird die Kamera sein." "Aber", gab meine Frau zu bedenken, "das ist so schwer ...". Richtig, ein Leichtgewicht ist die Flexaret nicht, 850 g drückt sie auf die Waage, mit der volledernen Bereitschaftstasche sind es glatte 1050 g.
Meine hatte, als sie kam, eine böse Hemmung im Verschluss: egal, welche Zeit ich einstellte, den Verschluss interessierte das nicht und er löste mit gefühlt 1/250 aus. Das sind aller Erfahrung nach Verharzungen, das kann passieren. So etwas kann man mit ein paar (aber wirklich nur ein paar, will heißen wenig) Tropfen Feuerzeugbenzin lösen, wenn man Glück hat. Glücklicherweise fand ich auch eine französische Site im Netz, auf der der Auseinanderbau einer Flexaret beschrieben wurde. Einmal an den Verschluss herangekommen, war es relativ einfach, mit einer Spritze hier und da einen Tropfen Benzin zu platzieren und die kleinen Verschlusshebeleien von Hand zu bewegen, bis alles wieder lief. Geduld und ein ruhiges vorsichtiges Händchen ist bei einer solchen Aktion gefragt. Und nachdem ich auch den speziellen Transportmechanismus verstanden hatte, war ich froh und freute mich, die Flexarette wieder zum Leben erweckt zu haben.
Die Objektive sind ein Anastigmat 1:3 f=80mm als Sucherobjektiv und als Aufnahmeobjektive ein Belar 1:3.5 f=80mm, ein Vierlinser vom Tessar-Typ. Als Verschluss kommen sowohl ein Prontor-SVS (1-1/300,B) als auch ein Metax (1-1/400,B) zum Einsatz. Meine hat den Metax verbaut. Eine Besonderheit der Flexaretten seit der IV besteht darin, dass nicht nur T120-Rollfilme verwendet werden können, sondern auch Kleinbildfilme. Allerdings kann bei der IV der Film noch nicht zurückgespult werden, muss also in der Dunkelkammer oder im Wechselsack entnommen werden. Ab der Baureihe V kann der Film auch zurückgespult werden.
Nun noch ein paar Worte zur Geschichte der Flexaret-Baureihe und des tschechischen Herstellers Meopta. Im Jahre 1936 begannen die Gebrüder Bradác in ihrer eigenen Firma TLR-Kameras zu bauen, die sie Kamarád, Autoflex und Flexette nannten. Schon 1938 mussten sie allerdings aus finanziellen Gründen ihre Firma dicht machen. Sie heuerten dann als Chefingenieure bei der Prager Firma Optikotechna an, wo sie vor dem zweiten Weltkrieg die Modelle Optiflex und Flexaret I entwickelten. 1946 ging Optikotechna im staatlichen Betrieb Meopta auf. Ab jetzt wurden die Kameras im Werk Prerov gebaut. Das letzte Flexaret-Modell war die Flexaret VII, die bis 1971 in Prerov gebaut wurde. Die Firma Meopta ebenso wie das Werk Prerov existiert heute noch, allerdings werden keine Kameras mehr gebaut, sondern andere hochwertige und durchaus auch hochpreisige optische Instrumente wie Ferngläser, Zielfernrohre und Nachtsichtgeräte.
Und, kann man mit so einem alten Schätzchen noch ernsthaft fotografieren? Die Antwort gibt es demnächst, wenn ich die ersten Filme entwickelt (dazu wird auch noch einiges zu sagen sein) und gescannt haben werde.
Bürgerreporter:in:Detlev Müller aus Burgdorf |
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